Liebe Mutter!

Ich schreibe Dir aus meiner warmen Stube in der Bibliothek von Ratisbon wo ich wieder über Winter Anstellung gefunden habe, die bestehenden Schriftrollen und Bücher zu vervielfälti-gen, damit das darin enthaltene Wissen verbreitet werde.

Gelegentlich finde ich auch Zeit, ein paar Seiten über die Taten der Verbannten niederzulegen, damit auch ihre, oder vielmehr unsere Taten nicht in Vergessenheit geraten werden. Mittlerweile habe ich mir einen Platz im Clan erarbeitet und kann meine Fähigkeiten zu unser aller Wohl einsetzen.

Zwar reiche ich nicht an die grossen Helden Finley und Thaogh heran, jedoch ist der Ruhm, den sie erringen, auch zu einem Teil meiner.

Im letzten Sommer führten unsere Reisen uns nur selten zusammen, obwohl vor allem Finley, Murty und Roddy den Ruf der Männer mit den blauen Baretts mehrten. Vielleicht habt ihr verschiedene Geschichten gehört, denn ich bin mir sicher, dass die Barden hinter vorgehaltener Hand und an den kleinen Lagerfeuern der Hirten und Bauern noch immer von den Verbannten singen.

Nun, ich hatte die Gelegenheit, Teil eines dieser Lieder zu werden, als Finley uns alle nach Dragonsflame-Stadt rief. Der hiesige Hofschreiber hatte zu einer Expedition aufgerufen, neuentdeckte Inseln des Landes Erathia zu erforschen. Finley meinte, dass es dort Schätze gäbe und wir alles von dort mitnehmen sollten, was wir tragen konnten. Unsere Forderung nach grösseren Ochsenkarren konnte aber nicht erfüllt werden, da sich der Reiseweg zu den Inseln als äusserst seltsam erwies. Doch davon später mehr.

Wie schon oft brachte mir Gary die Nachricht von Finley Ruf und nach kurzer Vorbereitung brachen wir gemeinsam auf.

Über kurz oder lang kamen wir nach Dragonsflame, eine Stadt, in der wir schon in der Taverne zu Goldenen Drachen eingekehrt waren. Wir freuten uns schon auf einen wohltuenden Schluck Fion nach der Reise auf der staubigen Strasse. Und kaum trafen wir in der Stadt ein, hörten wir schon auf dem Marktplatz vertraute Stimmen, die nach Fion und Frauen riefen! Thaogh, Murty, Dougal, Roddy und Ian waren schon eingetroffen und die Jungfrauen der Stadt waren schon von ihren Vätern versteckt worden. Gross war die Wiedersehensfreude und wir hatten gerade die erste Flasche geleert, als auch Aed und zu guter letzt Finley eintrafen. An Aed’s Gürtel baumelten zwei Kaninchen, die ihm unterwegs zugelaufen waren und er versprach eines seiner unübertrefflichen Gelage für den Abend.

Doch Finley bildete nicht die Nachhut der Verbannten bei der Ankunft, wir erzählten schon über die Ereignisse der letzten Monde als ein lautes Rumpeln uns aufhorchen liess. Um die Ecke kam der Karren von Robert, ein massives Gefährt gezogen von zwei grossen, kräftigen Ochsen. Robert hatte wohl eine Lehre daraus gezogen, dass bei einer seiner letzten Reisen zunächst die Achse seines Karrens gebrochen war und dann aufgrund des Schreckens wegen des krachenden Geräusches auch einer der Ochsen wie vom Schlag getroffen zu Boden gegangen war. Der Karren war beladen mit Handwerkszeug und Kampfausrüstung.

Robert hatte sich von seinem Posten in der Stadtwache in Kerkuhn für das Clantreffen entbinden lassen.

So waren wir also endlich vereint. Und als wir so ums Feuer sassen, eröffnete uns Finley, dass er als Theodor von Kerkuhn ein geregelteres Leben führe und dass er sich eine Frau erkoren hatte, die er zu Weibe nehmen wolle. Roddy grinste breit, er hatte es schon gewusst.

Die Nachricht kam für uns alle recht unerwartet, aber nachdem Finley uns versichert hatte, dass er weiterhin für uns da sein würde und sich nicht an die Kette legen liesse, freuten wir uns mit ihm.

Da erinnerte uns Thaogh daran, Finley einen traditionellen Abschied aus dem Jungesellenstand zu geben. Während Aed das Essen auf einer Konstruktion vorbereitete, die er Drei-Karnickel-Dreh-Spiess-Kurbel nannte, organisierten wir einiges für Fin.

Dann musste Finley beweisen, dass er alle Fähigkeiten hatte, um in der Ehe zu bestehen. Dies gelang ihm nach einigen Anläufen und so konnten wir, als die Nacht hereinbrach, zu feiern beginnen. Mit uns am Feuer hatte sich die zunächst etwas scheue Stadtbevölkerung eingefunden und ein Teil der Expeditionsteilnehmer, auch Adelige und Ritter, „Klopfer“ wie wir sie liebevoll nennen. Und auch eine Vielzahl schöner Frauen räkelte sich auf den Fellen, die Finley auf und neben seinen Stuhl gelegt hatte, um seine alten Knochen vor der kalten Nachtluft zu schützen. Aber auch für die weitere Unterhaltung war gesorgt. Zu den Klängen einer alten Volksweise aus Crydee (von uns im Chor ohne Kapelle dargebracht) trat die Dorfschönheit Olga vor dem Clanchef auf, um ihn mit ihren Tanzkünsten zu betören. Und als sie erst einmal in Schwung gekommen war, war es schwer, sie zu stoppen. Wir schafften es -Gibhim sei Dank- doch noch, bevor sie den Cheffe beschädigen oder sie sich all ihrer Kleidungsstücke entledigen konnte.

Als Erholung für unsere geschundenen Augen trat dann aber auch ein Tänzerin aus dem Süden auf, die wesentlich ansehnlicher war und uns alle mit ihrem gekonnten Bauchtanz betörte.

Später traten Gaukler auf und mit Jongelage und Feuerspucken verging der Abend schnell. Schließlich saßen wir am Feuer, verspeisten erst Vetter Aeds hervorragende Kaninchen und genossen es darauf, eine Flasche Fion in der einen Hand und eine Frau (na ja, zumindest bestimmte Teile von ihr) in der anderen zu haben und wieder vereint zu sein.

Aber Mutter, Du musst Dir keine Sorgen machen, noch habe ich Dich meines Wissens nicht zur Grossmutter gemacht.

Am nächsten Morgen trieb Finley uns zur Eile, denn die Expedition zu den Inseln sollte bald losgehen. Ich fragte mich schon, wie wir denn auf die neuen Inseln kommen sollten. Denn im Hafen lagen nur kleine Fischerboote und nur ein grösseres Handelsschiff, aber in der Stadt Dragonsflame warteten 70 Abenteurer, um überzusetzen.

Nachdem alle sich eingefunden hatten, zog der Tross los, aber nicht zum Hafen, sondern ins Landesinnere. Ich wunderte mich über die Vorgehensweise, fragte aber nicht. Ein kurzer Fussmarsch folgte, bei dem die schwer gerüsteten Edelleute schon nach wenigen Schritte zu fluchen begannen. Mal ganz davon abgesehen, dass sie Krach machten, als ob sie alle Tiere des Waldes verjagen wollten.

Als wir schon tief im Wald waren, ereignete sich ungewöhnliches: Murty zog eine seiner Keulen und schlug unvermittelt Gary von hinten nieder. Ich dachte, dass Murty von Sinnen sein müsste oder vielleicht von dunkler Magie beeinflusst wäre, als Finley Murty zunickte und Aed und Ian anwies, Gary zu tragen. „Wir näheren uns dem Tor.“ Das sollte als Erklärung reichen, ich verstand es aber nicht. Doch nach nur wenigen hundert Metern sah ich, worum es ging. Unsere Reise nach Erathia sollte auf magischem Wege stattfinden: Auf einer Lichtung vor uns erhob sich ein steinerner Bogen, der mit Runen und magischen Zeichen bedeckt war. In dem Bogen war eine sich bewegende silberne Wand. Ein ungutes Gefühl überkam mich. Ich wusste nun zumindest, wieso Gary niedergeschlagen worden war.

Seit der Zeitreise in Tirranon, von der ihr mit Sicherheit aus anderem Munde gehört habt, war er ruhiger und furchtsamer geworden und hegte ein tiefes Misstrauen gegenüber Magie und magischen Reisen. Auch die Dunkelheit behagte ihm überhaupt nicht. Durch diesen Bogen schreiten zu müssen hätte er sich trotz seiner Liebe zum Clan geweigert.

Die ersten Abenteurer waren schon hinter der silbrigen Fläche verschwunden und wir waren schneller als mir lieb war an der Reihe. Fin ging festen Schrittes voran, Murty machte noch einen Scherz, bevor er hindurchtrat und dann schloss ich die Augen, machte einen Schritt nach vorn, spürte einen kalten Hauch auf meiner Haut und fand mich plötzlich mitten in einem fremd aussehenden Wald wieder. Die Pflanzen und Bäume wirkten anders als daheim und auch die Geräusche, die Lieder der Vögel waren seltsam schrill.

Ein paar Schritte machten wir alle auf dem Pfad durchs Dickicht, der vor uns lag. Das Tor war nicht mehr zu sehen. Plötzlich fielen einige der Abenteurer ohne erkennbaren Grund zu Boden und waren bewusstlos. Anscheinend betraf dies die Gläubigen Frauen und Männer, die klagten, sie hätten die Verbindung zu ihrem Gott verloren. Ich verstehe nicht so ganz, warum sie so weinten. Schliesslich waren sie noch lebendig - und wer braucht schon einen Gott, der einem ins Handwerk pfuscht?

Schliesslich konnte es weiter gehen. Finley gab uns auf den Wald besonders zu beobachten und nach Bedrohungen Ausschau zu halten. Wir mussten nicht lange warten.

Krieger nur wenige Meter vor uns wurden plötzlich aus dem Dickicht von seltsamen roten, hüpfenden Kreaturen angefallen, die sogar durch die Rüstung der Klopfer bissen!

Wo waren wir hier bloss hingeraten?

Langsam kam auch Gary wieder zu sich. Fin hatte uns eingeschärft, dass Gary nichts über die magische Reise erfahren sollte. So berichtete Murty äusserst überzeugend, wie Gary ungeschickt über eine Wurzel gestolpert war und eine ganze Weile ohnmächtig von Ian und ihm hatte getragen werden müssen. Die ganze Strecke über eine Landzunge zu den neuen Inseln, auf denen wir jetzt wären. Die Landzunge wäre nun von der Flut überspült, deshalb könnten wir nicht mehr über sie zurück. Gary war etwas verwirrt, schien aber die Geschichte zu glauben.

Der Anführer der Expedition, ein Landvermesser aus Dragonsflame, führte uns zu einem Lagerplatz, den ein Stosstrupp vorbereitet hatte. Dort sorgten wir erst mal für die wichtigsten Dinge und bauten Aed eine brauchbare Feuerstelle. Schnell ging der Fion durch die Runde und ein Eintopf brutzelte über dem Feuer.

Viele andere Abenteurer erforschten die Umgebung. Wir waren uns schnell einig, dass sie alles wichtige entweder ins Lager tragen würde oder es ihnen auf dem Fusse folgen würde, wenn sie davor wegliefen.

Die Ruhe und Sicherheit, die wir ausstrahlten, liess auch schnell die richtigen Leute zu uns kommen. Aed fand bald Gleichgesinnte: eine Gruppe Köche, die ihre Pfannen nicht nur zum Kochen zu verwenden wussten, auf das sie sich aber auch sehr gut verstanden. (Beinahe reichten sie an Aed an einem schlechten Tag heran.) Ausserdem suchte eine junge Heilerin bei uns Unterschlupf: Tiramisu war ihr Name, denke ich. Wir alle kümmerten uns um sie. So verbrachten wir eine weitere gemütliche Nacht. Am nächsten Morgen gab es plötzlich Aufruhr im Lager. Anscheinend wurden wir von Skaven angegriffen. „Schon wieder diese Rattenmenschen!“, wirst Du denken, Mutter. Und genau so ging’s auch mir.

Doch schien es sich lediglich um einen Erkundungstrupp zu handeln, denn sie waren schnell von ein paar Frühaufstehern zurückgeschlagen. Finley meinte, dass es vielleicht keine schlechte Idee wäre, zu sehen, woher die Skaven kommen. Denn anscheinend hatte keiner daran gedacht, wie man von dieser verfluchten Insel wieder nach Hause kommen könnte. Das Portal, durch das wir geschritten waren, war nur von einer Seite zu benutzen, oder die Magie war erloschen, oder irgend so was.

Naja, ich hatte mittlerweile gelernt, dass wir uns als Clan vor nichts zu fürchten brauchten, deshalb machte ich mir nicht zu grosse Sorgen. Als Aed allerdings bemerkte, er wüsste nicht ganz genau, was hier essbar sei und was nicht, wurde mir etwas flau im Magen.

Ein Trupp Ritter wollte den Skaven hinterher, einer der ihren wäre entführt worden. Murty, Dougal, Gary und ich schlossen uns an und verfolgten die Spur der Rattenwesen. Die Viecher hatten wohl die Orientierung verloren oder sie wollten uns verwirren, jedenfalls liefen sie wie ein Besoffener in Windungen und im ZickZack durch die ihnen heimischen Wälder. Das musste wohl auch den Waldläufer Angus verwirrt haben, der die Ritter hatte führen sollen, denn plötzlich war er verschwunden. Später trafen wir ihn im Lager wieder, er hätte eine Abkürzung gefunden und dann ein bisschen mit den Bäumen geratscht, deshalb sei er nicht zurückgekommen. Zum Glück hatten wir Dougal dabei.

Nach ein paar Stunden fanden wir aber letztendlich das Ziel der Skaven: ihren Cluster. Ein paar oberirdische Erdhügel markierten den Eingang zum Bau, der sich unterirdisch meilenweit unter dem Waldboden erstreckte.

Die Ritter traten in Verhandlungen mit den Skaven ein, die aber wohl nicht besonders erfolgreich waren. Wir McQuay nutzten die Zeit zu einem Snaak, ein Brauch, der bei den Rittern gänzlich unbekannt war, jedoch dankbar angenommen wurde. Auch eine Abordnung der Skaven beäugte uns misstrauisch, aber nicht unbedingt feindlich.

Nach einiger Zeit waren die Verhandlungen zu einem vorläufigen Ende gekommen und wir brachen zusammen mit den Rittern auf. Wir wählten einen etwas anderen Rückweg, geführt von einer Einheimischen (dem ersten Menschen, den wir hier trafen), die zwar etwas geistig verwirrt schien, aber nett anzuschauen war. Damit wir nicht mit leeren Händen ins Lager zurückkämen, liessen uns die Ahnen noch über eine Kiste voll mit seltsamen schwarzen Steinen stolpern. Die roten Zeichen auf den würfelförmigen Blöcken schienen einen tieferen Sinn zu haben. Murty meinte, dass wir die Dinger Thaogh zeigen sollten. Da die Ritter sich nicht entscheiden konnten, was zu tun sei, liessen wir sie noch ein bisschen grübeln und nahmen derweil die Kiste samt Inhalt mit ins Lager.

Die anderen beglückwünschten uns zu unserem Fund. Thaogh untersuchte die Steine und wurde dabei plötzlich von einem üblen Ausschlag an den Händen befallen. Gary untersuchte ihn und kam zu dem Schluss, dass die Steine wohl irgendwie magisch seien und man sie nur kurz mit Handschuhen berühren dürfe.

Ein paar Fuchtler wollten die Steine auch begutachten, und waren ziemlich aufgeregt, nachdem sie das getan hatten. Sie glaubten nämlich, dass die Dinger unsere Rückkehr ermöglichen könnten.

Es hatten sich ausserdem noch weitere Erkenntnisse über die Insel ergeben, auf der wir gestrandet waren. Es gab nämlich außer den Skaven noch zwei weitere mächtige Gruppen auf dieser Insel: einen Magier, der sich Meister nennen liess, und einen etwas seltsamen Einsiedler, den Sammler, wenn ich mich recht entsinne.

Wer von diesen Mächten uns jedoch zurück bringen könnte, war nicht klar. Aber sie alle wollten uns für ihre Zwecke einspannen. Zunächst mußten sich aber alle den vordringlichsten Problemen widmen. Es waren immer noch ein paar Abenteurer gefangen im Cluster und es wurde eine Abordnung gebildet, um Verhandlungen über ihre Freilassung zu führen und um zu erfahren, ob die Skaven einen Rückweg für uns wüssten. Allerdings wirkte diese Truppe für mich von Gebaren und Mannstärke eher wie eine Invasionsarmee, nicht wie Unterhändler.

Fin wollte sehen, was diese Leute so anstellten, schliesslich waren sie in unserem Lager und könnten auch uns in Schwierigkeiten bringen. Ian, Robert und ich begleiteten ihn. Schon als wir in die Nähe des Clusters kamen, waren die Skaven in höchster Alarmbereitschaft. Ich bekam gar nichts von etwaigen Verhandlungen mit, wie aus dem nichts begann plötzlich ein Kampf! Fin versuchte unsere Verteidigung zu organisieren, doch die Skaven schafften es, einen Teil der Abenteurer einzukreisen. Fin trug ein paar Treffer davon, ebenso Robert. „Zurück!“, tönte Fin’s Stimme über den Schlachtenlärm. Wir drei deckten den Rückzug der Abenteurer. Aber wo war Ian? Eine Magierin hatte ihn umringt von Skaven zu Boden gehen sehen, ob er noch lebte, wussten wir nicht.

Mir war ziemlich mulmig zu mute, verband mich doch mit Ian seit unserer gemeinsamen Aufnahme bei den Verbannten ein besonderes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Nachdem sich der ganze Tross in sicherer Entfernung zum Cluster befand, liefen Fin und ich zurück ins Lager, Robert hatte eine schwere Beinwunde erlitten, weshalb er nicht mithalten konnte. In wenigen Herzschlägen war berichtet, was geschehen war und die Verbannten waren Abmarschbereit, bevor Robert eingetroffen war. (Das überraschte mal wieder einige im Lager, eine solche Disziplin wurde uns nicht zugetraut.)

Wir suchten uns einen Weg durch den Wald zum Cluster, unter grösster Vorsicht und beinahe unsichtbar. (Die Geschichten aus Akron, die an den langen Abenden daheim erzählt wurden, waren nicht übertrieben, Mutter, wie ich es gesagt hatte!)

Am Cluster angekommen, traten wir ziemlich überraschend für die Skaven praktisch direkt neben ihren Wachposten aus dem Wald. Bald waren die Verhandlungen im vollen Gange, Fin und Thaogh wurden in den Cluster gelassen und für das Versprechen einer Gegenleistung wurde Ian frei gelassen. Nach guter McQuay Art hatte er jedoch schon mit den Skaven gesprochen und war schon beinahe freigelassen worden, bevor wir ankamen. Während also im Cluster verhandelt wurde, sassen wir anderen in der Sonne und unterhielten uns mit den Skaven, brachten ihnen etwas von unserer Kultur bei, indem wir unseren Snaak mit ihnen teilten. Sie waren gar kein so übler Haufen. (Und das sage ich trotz der schlechten Erfahrungen in den Grenzlanden!)

Über kurz oder lang waren dann alle Verbannten wieder vereint, ohne das wir uns mit den Skaven prügeln mussten. Soviel zum Thema Diplomatie von Rittern, Magiern und Edlen. Pah! Podjes.

Der Preis für die Freilassung Ian’s waren verschiedene Dinge gewesen, die wir den Skaven bringen sollten, was dann wieder Murty, Aed und ich übernahmen.

Soweit hatte sich alles ganz gut entwickelt. Aber am Abend tauchte dieser Magier auf und wollte zwölf Krieger des Lagers für eine Probe verpflichten. Murty meinte zurecht, dass die Freiwilligen, die sich fanden, blind in ihr Verderben liefen. Wir McQuay bildeten, so seltsam wie sich das anhören mag, die Stimme der Vernunft im Lager. Diejenigen die einfach bereit waren ihr Leben wegzuwerfen (also die Freiwilligen), waren ziemlich erbost, dass jemand weiter dachte, als sie sich selbst werfen konnten. So wurde das „Angebot“ des Magiers abgelehnt, weil sich nicht genug Idioten fanden, und der Fuchtler sagte etwas von: „Das werdet ihr büssen.“ Das hatten schon ganz andere zu Fin gesagt und es bitter bereut.

Später in der Nacht wurde das Lager von Wesen angegriffen, die unter dem Einfluss des Magiers standen. Zwischen den Zelten des Lagers gab es nur eine Schlachtreihe, die nicht zurückwich und die Feinde vor sich hertrieb: Fin und Robert bildeten das Zentrum, Aed, Murty und Ian flankierten sie, Dougal schickte seine tödlichen Pfeile aus dem Hintergrund, und ich half Gary und Roddy, die Verletzten zu sichern und zu versorgen. Thaogh dirigierte die dilettantischen Bemühungen der übrigen Abenteurer und liess keine Flucht zu. So konnten wir die Gegner zurücktreiben.

Am nächsten Morgen war klar, dass wir in Verhandlungen mit einer der Gruppen treten mussten. Fin setzte sich für einen Handel mit den Skaven ein, schliesslich hatten wir bewiesen, das das grundsätzlich möglich war.

Sie waren tatsächlich bereit uns zu helfen, wir sollten aber für sie einen Altar wieder an einer heiligen Stätte aufbauen.

Sie schickten einen Ingenijör, einen Skaven, der wusste wie das Ding aussehen sollte, mit uns mit. Im Lager angekommen, waren die anderen Abenteurer etwas nervös, als sie den Skaven in unserer Begleitung sahen. Fin und Thaogh erklärten ihnen, was Sache war, während der Ingenijör beschrieb, was zu bauen sei. Die Beschreibung der IngeijörRatte dauerte etwas, da er nur widerwillig das gute Essen von Vetter Aed unterbrach, das wir ihm im Rahmen der Kochlöffeldiplomatie angedeihen liessen. (Aed bemühte sich sehr, diese Form von Kontaktaufnahme wieder perfekt auszuüben, nachdem es einen bedauerlichen Zwischenfall gegeben hatte, bei dem eine junge Adelige, Kyra hiess sie, an unserem Feuer niedergeschlagen worden war.) Robert übernahm die handwerkliche Ausführung des Altarbaus und konnte endlich seine umfangreiche Ausrüstung einsetzen.

Nach einiger Zeit zogen wir wieder einmal Richtung Skavencluster, denn ganz in der Nähe war der „heilige Ort“. Robert ging sofort daran, den Altar zu errichten, fachkundig und schnell. (Dabei war es fast lustig, zu sehen, wie er jeden Nagel mitrechnete, weil er davon ausging, das Fin ihm die Kosten erstatten würde... Wie ich vielleicht schon erwähnt hatte, war Fin bis dahin mit der Verteilung der Beute und der Erstattung von Arbeitsentgelt etwas zurückhaltend.)

Innerhalb kurzer Zeit war eine angemessene Kultstätte für die Skaven errichtet. Eine Abordnung dieser Wesen kam zur Begutachtung und sie schienen zufrieden, als plötzlich einer ihrer Priester etwas quiekte und forderte, wir sollten ihre Artefakte zurückgeben. Fin meinte, dies wäre nicht Teil des Handels gewesen, mal ganz davon abgesehen, das er nicht wüsste, welche Artefakte sie denn eigentlich meinten, keiner hätte etwas von den Skaven entwendet. Mir wurde heiss und kalt, während ich dem Gespräch lauschte. Dieser Ort war mir bekannt vorgekommen, und natürlich: hier hatten wir die seltsamen Steine gefunden! Das wollten die Skaven also. Fin und der Priester einigten sich darauf, das wir die Artefakte holen würden. Auf dem Weg ins Lager erklärte uns der Clanchef jedoch, dass die Skaven uns keinerlei Sicherheit gäben, uns auch zu helfen, wenn sie die Steine hätten. Wir würden etwas anderes versuchen. Wenn die Steine so wertvoll wären, würden wir sie demjenigen Wesen auf dieser Insel geben, dass uns die Rückkehr ermöglichte.

Auf die Botschaften, die wir entsandten, kam keine Antwort. Inzwischen hatten ein paar Fuchtler herausgefunden, dass es im Cluster ein Tor gab, ähnlich dem durch das wir hierher gereist waren. Und sie meinten, dass sie herauskriegen könnten, wie man es benutzte. Bis es soweit wäre, müssten wir das Lager und sie verteidigen (wie immer, also) und die Steine schützen.

Wir verpackten die Steine in einen Rucksack und machten uns abreisefertig. Es dauerte jedoch ewig, bis wir wirklich los konnten. Es wurde dunkel und mit der Dunkelheit kamen die Skaven. Ihr Quieken konnten wir schon in der Entfernung hören, sie waren gekommen, um sich die Steine zu nehmen. Fin vertraute mir den Rucksack mit den Steinen an, ich sollte mich aus dem direkten Kampf heraushalten. Ich hatte das Gefühl, als hättest Du mit ihm gesprochen und ihn dazu gedrängt, Mutter. Aber er hatte wohl recht: die Steine bargen die Magie, um uns zurückzubringen und es war wichtiger sie zu schützen als einem Skaven den Schädel zu spalten.

So erlebte ich ihn dunklen Ecken und zwischen den Zelten versteckt, wie Welle um Welle Skaven aus allen Richtungen auf das Lager einstürmte und jedes Mal ein paar Krieger mehr unter ihren Hieben zusammenbrachen. Die Heilkundigen waren bald genauso ausgezehrt wie die Krieger und ich machte mich schon bereit, mit den anderen das letzte Gefecht vor dem Eintritt nach Biihrgaaden zu kämpfen. Plötzlich brach der Ansturm der Skaven aber ab. Die Fuchtler hatten ihren Plan endlich in Gang gebracht, lang genug hatte es gedauert.

Der Weg zum Tor sollte frei sein, denn sie hätte die Skaven aus dem Cluster gelockt. Endlich zogen wir los, stark dezimiert zwar, aber froh wieder nach Mittelerde zu gelangen. Übrigens bewahrheitete sich eine Weisheit von Gary: „Wenn der Clan zusammen ist, wird keiner von uns sterben.“ Zwar waren einige Verbannte verletzt worden, jedoch hatte keiner grössere Schäden behalten. Wir sammelten noch die wichtigsten Dinge aus unseren Zelten ein und mussten feststellen, dass die Skaven hier besonders gewütet hatten: anscheinend hatte sie die Steine gesucht. Gibhim sei Dank, dass sie mich nicht entdeckt hatten und wir die Steine also noch hatten.

Der Weg zum Cluster zog sich hin, denn wir hatten viele Verletzte bei uns. Endlich standen wir vor dem Eingang in das dunkle Höhlenlabyrinth und tatsächlich waren keine Rattenwesen zu sehen. Vorsichtig erforschten wir die dunklen Gänge. Hier tat mir Gary besonders leid, denn er stand Todesängste aus und war wie gelähmt in dieser völligen Schwärze. Hinzu kam für ihn noch die Furcht vor der Rückreise, dem Tor. Selbst die mächtigen Runen, die ihm Thaogh nach den Ereignissen in Tirrannon auf den baren Schädel tätowiert hatte, konnten seine Panik nicht lindern. Ständig blieben zwei oder drei von uns bei ihm, um ihm ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln.

Die Höhlen waren bald erforscht und die wenigen verbliebenen Bewohner ausgelöscht. Die Fuchtler hatten auch das Tor gefunden und überlegten nun wie es zu bedienen sei. Ich brachte ihnen die Steine, die ich die ganze Zeit getragen hatte, obwohl mich das Jucken auf dem Rücken beinahe umbrachte. Die Fuchtler experimentierten ein bisschen und irgendwann wurde ich gerufen die Steine wieder einzusammeln. Die Zeit verstrich nur langsam unter der Erde, doch nach einer mir unendlich scheinenden Zeitspanne begann das Tor zu leuchten und es bildete sich eine silbrige, spiegelnde Oberfläche im Torrahmen: unser Rückweg.

Die Fuchtler riefen uns, wir sollten uns beeilen. Die ersten Abenteurer gingen schon durch das Tor, als Finley die Verbannten um sich sammelte. Dann stimmten wir eine alte Volksweise aus Crydee an: Laut und furchtlos schmetterten die Zeilen durch die Höhlen und auch Gary fasste wieder Mut, wir nahmen Marschaufstellung ein und schritten durch den silbernen Vorhang...

Ein Gefühle als wäre man an zwei Orten gleichzeitig, anders kann ich es nicht beschreiben, Mutter. Aber nur wenige Herzschläge, dann spürte ich feste Erde unter den Sohlen und als ich mich getraute die Augen wieder zu öffnen, sah ich einen Wald um mich herum und die Sterne durch die Baumwipfel über mir. Wir alle waren wohlbehalten durch das Tor gekommen, wie auch die anderen Abenteurer. Fin wollte nicht zu lange hier warten und wir marschierten direkt los. Bald trafen wir auf ein einsam gelegenes Gehöft und brachten den Bauer dazu, uns zu beschreiben, wo wir wären. Etwas verdutzt beschrieb er uns den Südwesten der Mittellande. Natürlich freuten wir uns und liessen es uns nicht nehmen, mit dem Bier des Bauern auf unsere erfolgreiche Rückkehr anzustossen. Während wir erleichtert scherzend und trinkend vor der Hütte des Bauern sassen, fiel mir auf, dass ich ja immer noch den Rucksack mit den Steinen trug!

Fin lachte und erklärte, dass das Warpsteine seien, die die Skaven aller Cluster der Mittellande als Energiequelle heiss begehrten. Und wenn er Rizzo, den Skaven aus Akron, mal wiedertreffen würde, könnten wir die Dinger zu Gold machen! Die Freude in unseren Reihen vergrösserte sich und als wäre sie von unserem Lachen angelockt worden, stieg am Horizont die Sonne auf und wärmte uns mit ihren warmen freundlichen Strahlen. Fin schien sehr berührt gewesen zu sein von diesem glücklichen Moment und so versprach er uns allen je eine Silbermünze neben dem Erlös aus dem Verkauf der Steine! Auf seine alten Tage wird Fin wohl etwas rührselig (was nicht schlecht sein muss, wenn er dem Clan gegenüber weiter so grosszügig bleibt).

Das hob die Stimmung noch einmal und bester Laune zogen wir nach ein paar Stunden Schlaf weiter. Bald trennten sich unsere Wege, wenn auch nicht für alle für lange Zeit. Vielleicht habt ihr schon andere Geschichten über die Verbannten gehört, die in die Heimat getragen wurden, bevor ich sie hier zu Gehör bekam. Hier in Ratisbon versuche ich über den Winter auch die Gesellenprüfung ablegen. Einen Teil meiner Schriftproben habe ich schon eingereicht, die Ergebnisse werde ich Dir mitteilen, Mutter.

Wie Du siehst, das Leben hat für mich mehr parat als den Dienst am Hofe und ich bin froh darum.

Grüsse Vater von mir und natürlich auch Ulgar!

Bis bald

Euer Laghisrian



Fenster schließen