Werter Zacharias!

Wie ihr vielleicht wisst, bin ich vor nicht allzu langer Zeit aus Crydee fortgezogen, um die verbannten McQuay zu finden, über die Heldengeschichten an jedem Lagerfeuer erzählt werden und deren Namen selbst am Herzogshof ehrfürchtig genannt werden.

(Auch wenn dies hinter vorgehaltener Hand geschieht und nicht dem Herzog Borric con Doin gegenüber, dessen Züge sich noch immer verfinstern, wenn er über Gary und Kenny hört. Jedoch leert er, wie mir ein Freund, der als Mundschenk dient, erzählte, bisweilen in seiner Kammer einen Krug auf das Wohl Finley McQuay's, der sich ihm gegenüber ehrenvoll im Kampf und in Taten erwiesen hatte.

Nun, solcherlei ist der Ruf der "Verbannten" am Hofe von Crydee und nicht wenige bedauern, dass sie fortgehen mussten. Ich zog nun aus, sie zu finden. Ansonsten hätte ich mein Leben als Lakai an einem fremden Hofe geführt, ohne die Farben des Clans tragen zu dürfen und ohne Aussicht auf Abenteuer. )

Ich hatte keine Ahnung von dem, was die Wanderschaft mir abverlangen würde, was mich außerhalb des vertrauten Crydee erwartete, aber ich war sicher, dass ich mein Glück finden würde.

Endlich nach langen Monden der Wanderschaft traf ich Gary McQuay! Groß war meine Freude, musste ich nun doch nicht mehr alleine durch ungastliche Lande reisen und hatte einen kundigen Freund und Führer gewonnen. Er erzählte mir, dass er seine Brüder und Verwandten bald treffen wollte und so schloss ich mich ihm an.

Der Weg führte uns auf die Insel Hydron, in die Hauptstadt Brenberge. Dort hoffte Gary auf ein Treffen mit seinen Verwandten, lockten doch Wein, Weib und Gesang in der bekannten Taverne "Zum goldenen Drachen" dorthin, eine willkommene Abwechslung vom Abenteurer- Alltag. Zugegebener Maßen war ich aufgeregt, endlich sollte ich die berühmten Clanbrüder selbst sehen, hatte ich doch bisher nur aus Erzählungen und Euren Aufzeichnungen von ihnen gehört, sie aber noch nie in Aktion erlebt, auch wenn ihre Taten sich unzählige Male vor meinen Augen abgespielt hatten.

So war es nicht verwunderlich, dass ich Gary zum frühen Aufbruch drängte und wir nach kurzer Reise durch ungastliches Wetter und geruhsamer Überfahrt nach Hydron bald unseren Ochsenkarren auf dem Vorplatz der gastlicheren Taverne abstellen konnten. Wir waren tatsächlich schon vor der Tür als der Wirt noch seine Krüge polierte und nur widerwillig auf unser Drängen die Tür entriegelte.

Mit uns kamen auch noch ein paar andere Reisende in den Schankraum. In dieser Gesellschaft wurde mir schnell klar, dass das Abenteuerleben eine traurige Sache sein muss, denn die Gestalten hier wollten wohl ihre Sorgen im Gerstensaft ertränken und ihren trüben Gedanken nachhängen, kein Lächeln kam über ihre Lippen. Zum Glück war Gary bester Laune, er kannte das Gebaren der Abenteurer auf Wanderschaft. Schnell war er umgeben von jungen Recken, die seinen Erzählungen lauschten. Auch ein paar Weitgereiste, zwei Söldner der roten Kralle, nickten beifällig und würdigten die Taten der McQuay. Mit ihnen hatte Gary dann auch endlich ein paar Würfelgefährten gefunden. Das Spielglück wankte von einem zum anderen, aber Gary konnte wohl ein paar Kupfermünzen gewinnen. Dies ist umso beachtlicher, als einer der Spieler immer wieder seinen Gott um Beistand anflehte und so quasi immer die "Fleischtöpfe" abgriff, da dieses Flehen Gehör zu finden schien.

Des Spiels überdrüssig verließen uns die Söldner nach einiger Zeit und wir wandten uns den Getränken zu. Die Sonne neigte sich schon dem Horizont zu und Gary wurde etwas unruhig, da er gehofft hatte, seine Verwandten schon kurz nach dem Mittag zu treffen, sie aber offensichtlich aufgehalten worden waren. Als ich Sorgen darüber äußerte, lachte Gary nur und sagte, ich müsse noch viel lernen: die McQuay seien durch nichts und niemand lange aufzuhalten.

Während Gary bald mit neuen Gästen in Dispute über die Ahnen verstrickt war, versuchte ich, das wenige, was ich schon vom Leben auf der Wanderschaft wusste, mit anderen zu teilen. Die wichtige Lektion, seine Sachen nie unbeaufsichtigt zu lassen, teilte ich mit einem jungen Wanderer, der mich für den Rat mit etwas Selbstgebranntem entschädigte.

Später am Abend merkte ich, dass diese wichtige Lektion von vielen Wanderern nicht berücksichtigt wurde. Selbstlos übernahm ich aber die Unterweisung, wie mich mein alter Lehrmeister immer unterwiesen hatte, am praktischen Beispiel und zur Unterstützung mit ein paar kräftigen Schlägen mit dem Rohrstock. Denn was wehtut, bleibt im Gedächtnis!

Ja, und dann als ich mich so langsam zurecht fand in dieser Taverne, da nahm der Abend eine entscheidende Wendung!

Die Tür flog auf und eine tiefe Stimme dröhnte durch den Schankraum: "Gary, alter Herumtreiber!" und da waren sie: Finley, Murty und Aed hatten den Weg nach Brenberge in den "Drachen" gefunden!

Groß war die Freude des Wiedersehens unter den "Verbannten"! Auch ich wurde nach einer Weile bemerkt, hielt ich mich doch zunächst respektvoll im Hintergrund. Finley musterte mich und meine vertraute Gewandung, trug ich doch noch den Kilt, dessen Muster seit Generationen das der McQuay ist und der in meiner Familie Tradition ist. (Am Hofe musste ich das Livree eines Bediensteten tragen und hatte den schon etwas mitgenommenen Kilt erst für die Reise wieder hervorholen können.) Die verbannten McQuay hatten, wie ich feststellte, ihr Gewandung geringfügig verändert, eine Tatsache, die wohl den Unbillen der Wanderschaft zuzurechnen ist.

Nun wurde ich also von allen kritisch beäugt. Dies besserte sich zum einen durch Gary's Fürsprache, zum anderen durch eine Flasche Lebenswasser, das zwölf Jahre lang in den Fässern des Herzogs gelagert hatte, und die ich für ein adäquates Geschenk für McQuays hielt. Trotzdem musste ich noch den einen oder anderen Test bestehen, da die Zweifel an meiner Herkunft nicht vollständig ausgeräumt werden konnten.

Jedoch war ich über kurz oder lang in die Runde integriert und nahm an den Gesängen der McQuay mit Begeisterung teil. Denn man muss sagen, dass es ein wahrhaft stiller Abend ohne die McQuay geworden wäre. Aber sie schafften es, den Barden zu fordern, bis er mit Aed's fabelhaftem Krafttrunk aufgepeppelt werden mussten, damit er weiter sein Instrument zur Begleitung spielen könnte. Obwohl nicht mehr der jümgste, begann er danach auf Tischen zu tanzen und herumzuspringen wie ein junges Lämmchen. Auch die Schankmaiden brachten die McQuay auf Trab, wenn auch gesagt werden muss, dass die Maiden gerne länger an unserem Tische verweilten, gebannt von Murty's Charme und den imposanten Gestalten der Verbannten!

Aber, eh ich es vergesse, an unseren Tisch gesellten sich noch andere Wanderer. In einer kurzen Pause zwischen zwei Liedern sprach plötzlich ein Stimme zu Finley. Sie schien aus dem Nichts zu kommen, aber nach kurzer Suche war ein Zwerg als Sprecher auszumachen, der gerade eben über die Tischkante schauen konnte, und dieser kleine Geselle sagte Ungeheuerliches: "Werter Herr Riese, ich bemerkte Euer Gewand. Seid ihr etwa Schotten?"

Mutig war er, der Zwerg, der sich als Bruder Danny vorstellte. Aber so ungeheuerlich mir diese Beleidigung vorkam, so beherrscht war Fin, ist er doch die Ignoranz der Wesen außerhalb Crydee's gewohnt. Es stellte sich heraus, dass Bruder Danny Nachricht brachte von Angus McQuay, die gerne gehört wurde! So gesellte er sich an unseren fröhlichen Tisch und mit ihm seine Reisegefährtin, Chandra Trollkiller, eine Elfe, nein verzeiht: Halbelfe (Sie reagierte auf die Bezeichnung "Elfe" so, als hätte ich behauptet, sie sei ein Schotte! Reizbar, aber durchaus reizvoll.)

So war denn unsere Runde für diesen Abend komplett, obwohl oft Abenteurer sich zu uns gesellten, um Geschichten zu hören und wohl auch, um etwas von unserer sonnigen Stimmung mit auf die Wanderschaft zu nehmen. Einigen gaben wir noch wichtige Lektionen bezüglich achtlos herumliegender Waffen mit auf den Weg, die sie uns großzügig mit Trank, Tabak und Silber vergüteten (wobei Fin umsichtig die Verwaltung des verdienten Silbers übernahm...).

Mit Interesse wurden auch meine Berichte aus Crydee gehört, war den McQuay doch noch nicht bekannt, dass die beiden himmlischen Schönheiten Carline und Gormelia, die Töchter des Herzogs, schon seit ein paar Monden nicht mehr in der Burg des Herzogs gesehen worden waren. Ungefähr sieben Monde nachdem die Brüder Crydee verlassen mussten, zogen die unvergleichlichen Zwillinge zu einem abgelegenen Landsitz des Herzogs und nur wenige Damen und Ammen zogen mit ihnen. Wenn ich den Erzählungen einer Bekannten von mir glauben darf, die Kammerzofe bei Carline war, so hatte diese dem guten Essen reichlich zugesprochen. Oder die Veränderung ihrer elfengleichen Figur hatte andere Ursachen. Auch Gormelia soll es ähnlich ergangen sein...

Nun mag es sein, wie es will, ich fertigte auf jeden Fall die eine oder andere Abschrift der Berichte über die Verbannten auch für die Zofen der Herzogstöchter an. Und wenn immer die Sprache auf die tapferen McQuay kam, war ein entfernter Glanz in den Augen der beiden Damen zu bemerken, der den Betrachter Weinen machte vor Glück, ob der gesteigerten Schönheit, und gleichzeitig vor Traurigkeit aufschluchzen ließ, ob der Sehnsucht in ihren Augen, die man nicht erfüllen konnte... Doch ich schweife ab.

Gestört wurden die Lieder und Erzählungen nur ab und an. So torkelte ein Elf herein und brach vor der Theke zusammen. Zu vertieft waren wir in die Unterhaltung, als das uns das gestört hätte, ist doch allgemein bekannt, das Elfen nichts vertragen.

Doch dieser hier simulierte wohl nicht. Bevor der den Boden berührte, war er schon im Abkühlen begriffen: mausetot. Bruder Danny, der Heilerqualitäten zu besitzen scheint, eilte zum Dahingeschiedenen, konnte aber verständlicherweise nichts tun.

Ein traten Inquisitoren, die verkündeten, dass dieser Mord aufgeklärt werden müsste, sonst dürfe niemand die Taverne verlassen. Schnell war man sich am Tisch der McQuay einig, dass das doch andere erledigen sollten, schließlich war man zum Feiern da! Bruder Danny und Chandra wiesen mehr Wissensdurst auf und beteiligten sich zumindest an den Anfängen der Suche.

Ich für meinen Teil muss zu meiner Schande gestehen, dass ich kein Interesse an Toten aufbringen konnte an diesem Abend, zu berauscht war ich von der Freude über das Treffen, die Schönheit der holden Weiblichkeit und die immer zahlreicher werdenden Getränke. So weiß ich nicht, wer dort wen mordete, und warum. Vielleicht kann euch Bruder Danny darüber Aufschluss geben, der wohl mit Angus McQuay in Kontakt steht.

Ich war an diesem Abend froh, der Burg und den Schreibstuben entronnen zu sein, und feierte das Leben und eine Kriegerin, Alina, deren Anblick mich verzauberte!

Gary hatte versucht, ihr eine Lektion bezüglich der Sorge für ihre Waffen zu geben und reichte den sichergestellten Dolch an mich weiter, als die Kriegerin das Fehlen der Waffe bemerkte. Mit wutblitzenden Augen fuhr sie zu mir herum und drohte mir mit Feuer und Schwert, wenn ich ihre Waffe nicht herausgäbe. Zunächst wusste ich nicht, wie mir geschah, aber ich wurde von ihren Augen und ihrer atemberaubenden Schönheit in den Bann gezogen.

Als einzige Bezahlung zur Auslösung des Dolches wollte ich einen Kuss akzeptieren. Doch als sie sagte, ihres Kusses würde nur ihr (noch nicht bekannter) Ehemann zuteil, bat ich um ihre Hand, um dieses Vergnügens habhaft zu werden...

An dieser Stelle muss ich sagen, dass meine Sinne schon sehr berauscht waren und das meine Lippen Wörter formten, bevor mein Verstand sie bremsen konnte...

Doch sie wollte nicht leichtfertig ihre Freiheit aufgeben und lehnte mein Ansinnen ab (Gibhim und Nihmsi sei Dank!). Dennoch schien sie zunächst meinen Antrag wohlwollend zu sehen, wurde sie doch eifersüchtig, als ich mich später mit Kim, der Kenderin, unterhielt.

Nun, meine Alina erwies sich als begehrte Frau, denn als ich zu fortgeschrittener Stunde ein paar Bier wegtrug, traf ich auf dem Rückwege eine kleine Gruppe, in ihrer Mitte Alina, in einem hitzigen Disput. Natürlich trat ich dazwischen, die Ehre meiner Dame zu verteidigen. Ein Mann (?) mit einem Sieb vor dem Gesicht ging mich mit dem blanken Schwert an, aber ich wich nicht zurück. Da verspürte ich einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf und meine Sinne verließen mich.

Ich kam wieder zu mir durch die Künste von Gary, man hatte mich schnell vor der Türe der Taverne gefunden und die McQuay gerufen. Wer der Schuft war, der mich daran hinderte, die Gesichtsmaske dieses unhöflichen Gesellen zu verbeulen, vermag ich auch heute nicht zu sagen. Aber meiner Alina war nichts passiert, als ich, gestützt von Chandra, wieder eintrat, war sie schon im Schankraume. Sie würdigte mich keines Blickes und zu meiner Bestürzung fand ich sie in den Armen eines Kämpfers wieder, der anscheinend keine Mühe hatte ihre harte Schale und die guten Vorsätze zu knacken... Nun gut, die Aufregung legte sich schnell wieder, aber ich liess es etwas ruhiger angehen, nun da meine Leidenschaft so abrupt gebremst worden war.

Eine kurze Aufregung gab es noch, als mich ein in einen Kilt gewandeter Jungspund ansprach, ob ich Schotte sei... Ohne ein Schwert an seiner Kehle war er nicht bereit, diese Beleidigung zurückzunehmen. Dem konnte abgeholfen werden. (Wie Ihr seht, muss ich mir die Gelassenheit Fin's noch zu Eigen machen.)

Die nächste Zeit verbrachte ich dann im Gespräch mit Wahrsagerinnen, Hexen und schönen Frauen unterschiedlicher Herkunft.

Zu später Stunde rief mich Fin zu sich, ich sollte meiner Ausbildung nach einen Brief für ihn aufsetzten an Prinz Hagen von den Schattenstürmern. Denn Chandra ist eine von diesem ausgesandte Botin und Fin wollte dem alten Kampfgefährten durch sie eine Nachricht zukommen lassen.

Leider habe ich wohl meinem alten Meister Schande gemacht, waren doch meine Schreibfähigkeiten nicht zuletzt durch den unsanften Schlag auf den Kopf nicht die besten...

Doch Fin schien zufrieden. Ich hoffe allerdings, dass ich mein Können noch wirklich unter Beweis stellen kann und dass dann die Ehre meines Lehrers wieder hergestellt wird.

Irgendwann übermannte mich dann der Schlaf und ich zog mich zurück in den Schlafsaal.

Am nächsten Morgen machte sich die unsanfte Behandlung meines Kopfes bemerkbar und meine Gesichtsfarbe ging doch sehr über die vornehme Blässe hinaus, die an einigen Höfen schicklich sein soll. Außerdem zog ich es vor, mich nur langsam zu bewegen und kurvige Strecken zu meiden. Diese Tatsachen sorgte für Belustigung bei den McQuay und Bruder Danny. Nun ja, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Aber es gibt nichts was nicht durch frische Luft und viel Schlaf geheilt werden könnte. Nun freue ich mich auf das nächste Treffen mit den McQuay, das hoffentlich länger ausfallen wird als der Tavernenabend. Wie Gary berichtete, führt der Weg in die Grenzlande, wohin auch ich meine Schritte lenken werde.

Von dort werde ich natürlich auch berichten!

Bis dahin aber schließe ich meinen langen und überschwenglichen Bericht mit den besten Grüssen. Gehabt Euch wohl

Laghisrian McQuay



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