Liebe Mutter, Herr Vater.

Ich hoffe, dass Euer Zorn über meinen Weggang sich gelegt hat und ihr mir verziehen habt, dass ich nicht nach Euren Wünschen Schreiber geblieben bin. Ich habe in den wenigen Monden meiner Wanderschaft viel gesehen und gelernt, nunmehr zweifele ich nicht mehr, dass meine Wahl richtig gewesen ist.

Ich will Euch berichten, wie ich mit den McQuay durch die Grenzlande zog, ein Erlebnis, dass so anders war als alles höfische Leben. Und doch spürte ich erst dort zum ersten Mal Freiheit und es zeigten sich mir ganz neue Perspektiven.

Ich reiste wieder zusammen mit Garaidh, der mir viel über das Leben der Verbannten erzählte und beibrachte. Bezüglich dieser Erfahrung ist er wie ein großer Bruder, mehr als es Ulgar (ich hoffe, es geht ihm gut?) seien könnte. Die Taten, die die McQuay vollbrachten, waren nur möglich durch ihren Zusammenhalt und den Willen, das Leben füreinander zu geben, das lernte ich und sollte es am eigenen Leib erfahren.

Einige Zeit genossen wir zusammen die wilde und ursprünglich schöne Landschaft, wie sie langsam an uns vorbeizog, als der Ochsenkarren über die Wege holperte. Die Ochsen quälten sich eine kleine Anhöhe herauf, unter uns zog ein Bach seine kurvige Bahn durchs Tal, als wir den letzten Posten der Zivilisation entdeckten, ein kleines Dorf, den Unbillen der Grenzlande trutzend. Den Namen des Dorfes wusste auch Garaidh nicht zu nennen.

Nun, Gary lenkte den Karren sicher auf der Hauptstrasse bis ins Dorf und viel weiter als bis zu den ersten Häusern mussten wir auch nicht reisen, als uns schon die Rufe von Finley, Aodhagan und Muireadhach entgegenschallten!

Sie waren schon vor dem ersten Morgenlichte aufgebrochen, wie Fin berichtete, da sie die Freude auf das Wiedersehen nicht länger in ihren Bette (und in Murty's Fall: den Armen einer schönen Frau) halten konnte. Und sie waren nicht allein gekommen. Nahezu der gesamte Clan der Verbannten war anwesend. So machte ich Bekanntschaft mit Kenneth, dem Bruder Garys, und mit Dougal, dem Waldläufer, und natürlich mit der Stimme des Lichtes selbst, Thaogh.

All diese kennt ihr vom Namen her aus den Erzählungen, die bis in die alte Heimat gelangt sind. Erzählungen! Keine wird ihnen gerecht. Wie froh war ich, in ihrem Kreise zu sein. Alle zusammen, gestandene Helden an den Lagerfeuern und imposant in ihrer Erscheinung.

Doch war auch neben dem meinen ein weiterer neuer Name unter den Hadati: Ian. Auch er hatte sich auf die Suche nach den Verbannten von Crydee aus gemacht, vermutete er doch, dass er ein McQuay sei, auch wenn sein Vater die Herkunft zu verleugnen suchte. Er komplettierte also den Kreis der Hadati in den Grenzlanden. (Ich war froh, nicht der einzigste unerfahrene hier zu sein und gleichzeitig stolz, dass Ihr, Herr Vater, mir die Erzählungen unseres Clans schon in der Wiege erzähltet, waren sie es doch wert.)

Selten hatte man hier eine so beeindruckende Truppe gesehen, und so verwundert es nicht, dass bald die Farben der McQuay stolz blau und gelb über dem Lager wehten, suchen die Lämmer doch immer Schutz bei den kräftigen Widdern, die sich ihrer Haut zu wehren wissen.

Unsere Zelte waren schnell an günstiger Stelle aufgeschlagen und ein Feuer begann lustig zu prasseln. Da trafen noch weitere Bekannte fröhlich plaudernd im Dorf ein: Vorweg, vor dem dichten Wald zunächst fast nicht zu sehen, die Halbelfe, deren Bekanntschaft ich schon auf Hydron machen konnte, Chandra, Botin im Dienste Prinz Hagens, in Begleitung eines hochgewachsenen ähnlich gekleideten Mannes. Und hinterdrein, mühsam mit seinen kurzen Beinen Schritt haltend, Bruder Danny, der mutige Zwergenpriester! Er hielt immer wieder inne um ein kurzes Gebet zu sprechen und ein wenig aus seinem Trinkschlauch zu nippen, kam aber doch noch in der Zeit an unserem Lagerplatz an.

Inzwischen hatte Chandra ihren Begleiter als Ian vorgestellt, einen Waldläufer, in dessen Schuld sie stünde. Kurz herrscht Verwirrung ob der Namensgleichheit zu Ian McQuay, es gab wohl diffizile Unterschiede in der Aussprache der Namen, die jedoch von Gary und Kenny auf gewohnt unkomplizierte Weise gelöst wurden, indem der Waldläufer auf den Namen "Moosfresse" umgetauft wurde.

Fürwahr, auf seiner Kleidung und durch sie hindurch wuchsen Pflanzen und Moose, eine seltsame Gewandung, die diese Bezeichnung erklärt. Allerdings gelang es später auch, die Aussprache seines Namens zu meistern, obwohl der von Gary gewählte Name irgendwie im Gedächtnis hängen blieb.

Nun, Chandra und ihr Begleiter schlugen ihre kleinen Zelte neben denen des Clans auf. Ich muss sagen, sie erinnerten mich neben den stolzen Zelten der Hadati an die Pickel, die im Antlitz eines Heranwachsenden sprießen. Bruder Danny, der doch sichtlich vom langen Marsch ermüdet war, fand einen Platz in einem unserer Zelte und Aufnahme in die Gastfreundschaft der McQuay.

Nun da alle Freunde glücklich versammelt waren, stießen wir auf das erfreuliche Wiedersehen an, waren doch alle Kehlen ausgedörrt vom langen Marsch und dem feurigen Scheine Gibhims, der auf das Lager hinunterbrannte. Doch Aed wäre nicht Aed, hätte er nicht für Rebensaft gesorgt, der uns vor der Hitze schützen konnte. Und weil der Mensch nicht vom Weine allein lebt, hing bald ein Kessel mit einer reichhaltigen Suppe über der Feuerstelle.

Und auch Chandra steuerte etwas zur Mahlzeit bei, hatte sie doch auf dem Weg zum Dorf einen Hasen erlegt, nicht etwa (wie zu erwarten gewesen wäre) einen altersschwachen, zähen, der den Freitod durch Chandras Hände gewählt hatte, sondern ein gut im Saft stehendes Langohr, das seines Fells beraubt über dem Feuer gewärmt werden musste, was auch in aller Herzensgüte von Aed besorgt wurde.

Während dessen schwelgte Murty in Erinnerungen an seine Liebste und sprach dem Wein gar so gut zu, dass er von Müdigkeit übermannt zum Schlafe niedersank und auch durch die Düfte, die mittlerweile vom Lagerfeuer in unsere Zelte und durch die Strassen des Dorfes zogen, nicht geweckt werden konnte. So saßen wir in fröhlicher Runde, erzählten, aßen und tranken, oh ja, und wir tranken.

Leider kann ich von dieser Nacht nicht viel berichten, viel zu früh wurde das Lager der McQuay vom Schlaf übermannt. Nur Aed hielt einsam Wacht, hatte er doch am Abend nochmals seine Magie gewirkt und einen Schmorbraten, der eines Königs würdig gewesen wäre, inklusive entsprechender Beilage hervorgezaubert.

Etwas verstimmt war der Koch am nächsten Morgen, war sein Werk des Nachts doch nicht genug gewürdigt worden und musste gar über dem Lagerfeuer unbeachtet schmoren.

Vor diesem Frevel versteckte selbst Nihmsi ihr Gesicht und der Himmel öffnete seine Schleusen und weinte über die Verschwendung von Aed's Kunst. Er weinte die ganze Nacht und auch noch, als wir aus unseren Schlafrollen stiegen, war sein Kummer nicht getilgt.

Erst als wir das Frühstück, von Aed mit saurer Miene über einem kleinen Feuer im Zelteingang zubereitet, zu Genüge gelobt hatten und unsere Schalen mit Brot bis zum letzten ausgekratzt hatten, da kam Gibhim hinter den Wolken hervor und ließ seine Strahlen zunächst zaghaft auf unsere Feuerstelle scheinen.

Gary zog dann los, die Fallen, die er fachkundig am Abend zuvor gelegt hatte, um unser Lager vor Überfällen zu schützen, wieder zu entschärfen, das nicht ein unbedachter Dorfbewohner verletzt würde.

Als nun Gibhim wieder aufgegangen war, stellten wir verschiedene Dinge fest: Erstens bezeugte Thaogh, dass alle Tränen des Himmels den Braten nicht verderben könnten, und dass dieser seinen Weg durch Gaumen und Rachen am besten mit einem Schluck roten Rebensaftes finden konnte; Zweitens erwies sich unsere unmittelbare Nachbarschaft als extrem geschwätzig, dazu später mehr; Drittens stellten sich die Grenzlande als sehr übervölkerte Gegend dar; und zu guter letzt mussten wir erfahren, dass in der Nacht sogar ohne die McQuay der ein oder andere Kampf ausgetragen wurde.

Es hatten sich alle möglichen Monstrositäten ans Lager herangewagt und für Unruhe unter den Ängstlichen gesorgt. Diese Kreaturen schienen überdurchschnittlich intelligent, hatten sie doch wohlweislich das Lager der McQuay gemieden, um nicht ein schreckliches Ende zu finden.

Orks, Skaven und Untote müssen in der Nacht durch das Lager gestriffen sein. Ja, Mutter, Gestalten mit denen Du mir immer Angst machen wolltest, wenn ich meine Suppe nicht essen wollte, waren nur wenige Schritt von mir durch das Dorf gewandelt und hatten mir nichts getan. Das ist nur durch die Anwesenheit der Verbannten zu erklären.

Als ich von den Kreaturen hörte, wurde mir ganz anders, ich erbleichte und das Frühstück wollte mir nicht mehr recht schmecken. Doch Fin und Murty lachten nur laut, und Kenny erzählte mir, dass die McQuay sowohl würdige Freunde unter den Orks als auch unter den Skaven gefunden hätten und das etwas mit Namen "Kochlöffeldiplomatie" selbst den stärksten Feind bezwingen könnte.

Langsam, so muss ich zugeben, zweifelte ich, ob die Entscheidung, in die Grenzlande zu ziehen, so gut gewesen war.

So richtig überzeugt war ich denn auch nicht als Fin uns aufforderte, uns marschbereit zu machen. Er meinte, es wäre angebracht, sich ein Bild über die nähere Umgebung zu machen und die Stellungen der Feinde zu erforschen. (Ich meinte, es wäre angebracht sich ein Bild über die Fluchtmöglichkeiten zu machen, aber wie bei meinen älteren Brüdern, stößt solche Weisheit bei den Verbannten auf taube Ohren.)

Es war ein gutes Zeichen, dass Thaogh uns begleitete, sagte mir doch Gary, dass wo "die Stimme" sei, keine Gefahr sein könnte. Dankbar für diese mächtigen Gefährten schritt ich nun voller Schwung neben Aed und Fin, als wir die Umgebung des Dorfes erforschten.

Nach genauer Erkundung fanden wir einen Ritualplatz der Orks, an dem in der letzten Nacht wohl ein Kampf stattgefunden hatte. In der Mitte der Lichtung war noch immer ein schwarzer Fels zu finden über dem eine unheilvoll schimmernde Kugel schwebte. Keiner wagte es, das Artefakt zu berühren, umso mehr, als Thaogh sagte, dass ihn sie Ahnen vor einer unheiligen Macht warnen würden.

Hier stand ich nun, die Tintenflecken auf meinen Händen noch feucht, zitternd vor einer wohl dämonischen Macht, ein Schwert in den Händen, dass ich nicht zu benutzen wusste, ein Gefühl im Bauch, als wollte mir die Seele aus dem Kilt fallen, und doch wusste (und weiß) ich, dass dies tief in mir mit Wohlwollen gesehen wurde.

Vater, fühlt ihr nicht manchmal den Wunsch, den Bihänder zu greifen, der über der Feuerstelle hängt, und Euch den Wölfen und Orks zum Kampf zu stellen, die des Winters über die Äcker streifen, anstatt die Tür zu verbarrikadieren? Keine direkte Gefahr war über uns, doch schien mein Geist in Harmonie mit den anderen zu schwingen. So voller Lebenslust und Mut fühlte ich mich noch nie!

Dieser Überschwang erklärt wohl auch die nächsten Ereignisse. Wir waren schon auf dem Rückweg zum Dorf, als vor uns auf den Weg ein paar Spitzohren traten, das Rascheln in den Büschen längs des Weges verriet eine größere Zahl. Diese Waldelfen hatten den Namen in ihrer Sprache für die McQuay, Qurakgloash-Goshas, noch nicht gehört und verhielten sich entsprechend ungehobelt.

Sie beleidigten Fin aufs Übelste. Stellt Euch vor, meine Eltern, diese Gestalt traute sich von Ehre zu sprechen, uns im Wald auflauernd und mit gezogener Waffe die McQuay verhöhnend!

Ich beging nun eine große Dummheit, Ihr ahnt es, da Ihr mich kennt. Noch nie konnte ich der Ungerechtigkeit stumm ins Gesicht blicken, und schon oft bekam ich eine schmerzhafte Quittung dafür. So erhob ich also meine Stimme und unterbrach das Clanoberhaupt, rief dem Elfenhauptmann eine Herausforderung entgegen!

Gary, Murty und Aed brachten mich zum Schweigen, und sie machten mir klar, dass ich gerade eine der Grundregeln der Verbannten verletzt hatte, die sogar Kenny und Gary befolgten, nämlich dass Fin der Anführer ist, und dass er für den Clan spricht! Meine Brüder (und wohl auch Ihr, Vater), hätten mich grün und blau geprügelt, doch davon wurde abgesehen, schließlich könnte ich verletzt nicht mehr die Spül- und Putzarbeiten verrichten, die in den nächsten Tagen mein täglich Brot wurden...

Nun, Fin gab das Zeichen zum Umkehren und wir nahmen den längeren Weg zum Lager zurück. Dort angekommen, wurde das weitere Vorgehen geplant. Thaogh sollte Informationen sammeln, um uns geistig auf den neuesten Stand zu bringen, Aed kochen, um uns körperlich zu stärken. Da Murty die Hilfskoch- Aufgaben übernahm, war ich eigentlich zur Untätigkeit verdammt, doch Thaogh entschied, dass ich mit ihm gehen sollte.

Meine erste Aufgabe bestand darin, Geld für die Taverne von Fin zu holen, damit der Wirt bestochen werden könne. Fin war erstaunlich schnell zur Kooperation bereit, nachdem er sonst Geld wie den Inhalt seines Kilts zu hüten pflegte...

Ansonsten lernte ich viel über die Kunst, Abenteurer reden zu lassen, denn dann werden Heldentaten erzählt, die sonst nur das Sandmännchen erblickt, das die Träume bringt. Thaogh gelang es, aus diesen Legenden eine brauchbare Geschichte zu filtern, wenn auch die letzte Klarheit in den Erzählungen fehlte.

Diese wollte Thaogh bei den Ahnen suchen, ich sollte meine Redekunst im Lager bemühen. Viel konnte ich nicht mehr ergründen, hatte doch Thaogh das wichtigste bereits erfahren, aber wenigstens konnte ich so ein bisschen was über die Abenteurer erfahren, die sich im Lager aufhielten.

Ich war wohl nicht der einzige, der erst seit Kurzem auf Wanderschaft ist. Weit verbreitet unter allen Völkern ist es, sich erst mal in der Welt umzutun und nicht wenige "Helden" holten am Abend einen handgestrickten Schal oder eine Mütze hervor und murmelten etwas wie: "Weil Mama es befohlen hat..." Da bin ich doch froh, dass Mutter mir nichts mehr mit auf den Weg geben konnte, sonst wäre ich unter der ganzen Wolle vermutlich verdorrt.

Nach dieser Erkenntnis war ich doch froh, dass ich mit den Verbannten unterwegs war, denn ansonsten wäre ich ein Grünschnabel unter Anfängern gewesen. Das zeigte sich auch, als ein paar Orks den Wachturm der (wohl wieder betrunkenen) Stadtwache stürmten.

Im ersten Moment herrschte Aufregung bei den McQuay, wehten doch unsere Farben auf diesem Turm. Das hatten die Orks wohl übersehen, denn sie bereuten bald bitterlich, so dreist gewesen zu sein. Schnell hatte Fin die kopflos umherlaufenden Krieger gesammelt und zu einer Schlachtformation, die er die "Schildkröte" nannte, formiert. Im Handumdrehen waren die Orks besiegt, erschlagen oder kampfunfähig verwundet.

Einen trug man zu unseren Zelten, um ihn zu befragen, aber nichts brauchbares war zu erfahren, selbst als Murty seine besten Verhörtricks einsetzte.

Überhaupt kamen wir im Laufe des Tages nicht wirklich zur Ruhe. Nachdem Thaogh eine Zeitlang mit den Ahnen Zwiesprache gehalten hatte (wie genau er dies tut, muss ich noch ergründen), ging er, die Magiekundigen und Anführer des Lagers zu sammeln und sich mit ihnen zu beraten. Fin folgte ihm nach kurzer Zeit.

Wir hätten jetzt in Ruhe essen und uns ausruhen können, aber die Kreaturen des Grenzlandes schienen in wilder Aufregung.

Zunächst war Chandra auf einem ihrer Erkundungszüge mit Ian von Skaven angegriffen und verwundet worden und wand sich vor Schmerzen ehe Gary ihr Linderung verschaffen konnte und ihre Wunden sachkundig versorgte. Sie lag noch geschwächt auf der Trage, da kam ein Oger aus dem Wald gestürmt.

Kenny, der ihn mit ein paar Kämpfern am Lagerrand aufhalten wollte, wurde niedergeschlagen, bevor Murty und Gary den Oger aus verschiedenen Richtungen angreifen konnten. Die kurze Verwirrung nutzte, genauso mutig wie dumm meine ich, die noch geschwächte Chandra für einen Angriff in den Rücken des Monsters. Unter den Hieben ihres Kurzschwertes und ihren Rufen: "Stirb, stirb, stirb, stirb....!" brach zuerst der Oger zusammen und dann seine Bezwingerin über der Leiche.

Gary brachte sie zurück ins Lager, sie scheltend für ihre Unvernunft. Zu Kennys Rettung war Bruder Danny aufgebrochen, jedoch auf seinen kurzen Beinen viel zu langsam, worauf Murty und ich ihm freundlich unter die Arme griffen, damit er schneller vorankäme.

Bei dieser Gelegenheit zeigte sich für mich, wie sehr sich die Verbannten um einander sorgten. Am Feuer waren kleine Streiterein und Beleidigungen die Regel, oft teilten die Älteren einen ermahnenden Hieb aus, wenn wir jüngeren es zu bunt trieben. Aber als Kenny regungslos im Gras gefunden wurde, waren sofort vier McQuay da, Besorgnis in ihren Blicken, die erst wich, als Kenny wieder die Augen aufschlug.

Die Geschichten über die rohen und rücksichtslosen Verbannten, die manche Schranze noch gern am Hofe erzählt, sind also, wie ich schon immer sagte, Mutter, Lüge und Verleumdung.

Über all diese Aufregung verging die Zeit schnell. Ich hatte zum Glück trotzdem noch Gelegenheit, Gary bei der Zubereitung seiner Tränke und Salben zuzusehen. Ich muss gestehen, dass seine Kunst nicht mit meiner Panscherei zu vergleichen ist. Wie wertvoll sein Handwerk für den Clan ist, konnte ich am Abend auch noch erfahren.

Denn die Beratung der Führenden hatte zu dem Plan geführt (nach nur vier kurzen Stunden; und mir wirft Ulgar vor, ich bräuchte für Entscheidungen zu lang!), die Natur des Artefakts auf dem Ritualplatz mittels einer durch alle Magiekundigen des Lagers durchgeführten Zeremonie zu erforschen.

Passenderweise hatte sich die Beratung bis zum Sonnenuntergang hingezogen, so dass wir im fahlen Lichte Nihmsis, das Orks und Skaven dem hellen Tag vorziehen durch "Feindesgebiet" ziehen würden. Ich muss sagen, dass ich große Angst hatte, hatte ich doch wie Ihr wisst vom Kämpfen so viel Ahnung wie ein Zwerg vom Schwimmen!

Das durfte ich aber im Kreis dieser erfahrenen Recken nicht zeigen, umso mehr, da Gary mir seine Tranktasche anvertraute und ich damit immer in Fin's Nähe bleiben sollte. Weiter wurde mir große Ehre zuteil, da Thaogh mir den Kelch der Freundschaft anvertraute, der von ihm für die Anrufung der Ahnen gebraucht wird. So tat ich also mein bestes, Zuversicht zu zeigen, als der Zug aus dem Lager aufbrach.

Ich blickte noch einmal kurz zurück, zu Gary und Kenny, die unsere Zelte bewachen sollten und erinnerte mich an die letzten (aufmunternden?) Worte Garys: "Keine Angst, Kleiner. Solange dich ein McQuay im Kampf fallen sieht, wirst Du gerettet." Erst jetzt fiel mir ein, dass es bald stockduster sein würde...

Fin hatte die Gruppe der Kämpfer organisiert, wir McQuay bildeten die Vorhut (meine Chancen, Garys Worte zu überprüfen, stiegen also...), während alle schwergerüsteten Klappergestelle rund um die Magiebegabten einen (sehr lauten) Wall bildeten.

Ohne diese Geräuschkulisse, so sagte Murty mir, hätten wir vielleicht ein paar der unverschämten Waldelfen heimleuchten können, um den Ruf der McQuay in ihrem Volk zu verstärken.

Aber so kamen wir unbehelligt zur Lichtung mit dem Artefakt.

Dort begann der wirklich unangenehme Teil, denn Thaogh benötigte den Beistand aller anwesenden McQuay im Ritual, und wir mussten unseren Schutz all den Grünschnäbeln überlassen, die -auf gut Crydee gesagt- ihren Arsch nicht mit einer Karte finden könnten.

So ordnete Fin also schnell einen Verteidigungsring, um eventuelle Ork Angriffe abzuwehren. Dougal sprach aus, was alle dachten: "Ich habe keine Angst vor dem Ritual, aber mit diesen Grünschnäbeln im Rücken als Verteidigung können wir schon mal Grabsteine bestellen. Jeder McQuay ist mehr wert als zehn von denen." (Ich muss nicht sagen, dass ich stolz war, dass auch ich mit in seine Worte einbezogen worden war...)

Das Ritual begann. Es war das erste Mal, dass ich eine magische Beschwörung miterleben konnte, und gleich von vier in der geheimen Kunst Bewanderten, wobei ich auch Thaogh hinzuzähle, der ja eigentlich die hohe Schule der Ahnenanrufung praktiziert. (Unter uns gesagt, nach dem was ich in dieser Nacht sah, glaube ich, dass das, was der greise Nilrem für den Herzog leistet, alles nur Scharlatanerie ist, der Alte sieht doch seine eigene Nase nicht mehr, wie kann er da Magie wirken?)

Nun die Fuchtler fuchtelten und ich weiß nicht genau, was sie da in den Nachthimmel keiften, bis endlich Thaogh seine Stimme erhob und die Ahnen anrief.

Wir vollführten das Ritual nach den überlieferten Regeln, und tatsächlich sandten uns die Ahnen eine Antwort in Form von glühenden Irrlichtern, die plötzlich im Beschwörungskreis erschienen und Thaogh mächtig Feuer unter Kilt machten (er erklärte mir, die Ahnen wären wütend gewesen, weil es so lange gedauert hätte, bis er sie um Hilfe wegen des Artefakts gebeten hätte... ja, unsere Vorväter sind manchmal etwas aufbrausend!)

Nun, unsere Anrufung schien erfolgreich gewesen zu sein, denn plötzlich warf uns eine unsichtbare Macht einem heftigen Windstoss gleich um und wir waren kurz benommen, ehe wir bemerkten, das das Artefakt jetzt auf seine halbe Größe geschrumpft war. Und noch während ich hinsah schien die Kugel weiter zu schrumpfen. Wir hatten es beinahe geschafft, es zu zerstören!

Das war zwar nicht das Ziel der Aktion, wie mir Thaogh sagte, aber mir war es ganz recht, dass dieses unheimliche Ding seinem Ende zu ging. Was wir denn nun mit dem mächtigen Ritual erreicht hatten, blieb "dem Fußvolk" verborgen. Wie so oft machten die Fuchtler ein großes Geheimnis daraus.

Während der Beschwörungen hatten wir es nicht bemerkt, unsere Gedanken waren auf die Anrufung gerichtet, aber eine größere Gruppe von Skaven hatte versucht uns zu überfallen, waren aber von den versammelten Abenteurern zurückgeschlagen worden. Gibhim sei dank waren diese Monster unorganisiert, so dass selbst die Grünschnäbel sie aufhalten konnten.

Nun übernahm wieder Fin die Führung über den Tross. Es hatte etliche Verletzte in unseren Reihen gegeben, wodurch sich unsere Geschwindigkeit hart an die einer altersschwachen Schnecke annährte. Hinzu kam, dass die versammelten "Helden" nicht mehr Herr ihrer Ängste waren und in jedem Schatten einen Feind vermuteten, weshalb sie immer wieder stehen blieben.

Meine Chancen, Garys Versprechen zu testen, wuchsen also. Wir waren nämlich kaum vom Ritualplatz losgegangen, als aus dem Wald das Pfeifen, dass die Skaven zur Verständigung nutzen, an unsere wachsamen Ohren Drang.

Fin hatte alle McQuay als Vorhut einige Schritt vor die Hauptgruppe geschickt, so war es logisch, dass wir zuerst Feindkontakt hatten. Doch die Ratten wagten zunächst keinen Angriff und beschränkten sich darauf uns zu begleiten und Verunsicherung in die Hauptgruppe zu bringen, was ihnen wie leichtfiel. Wir schirmten den Tross zu Wald hin ab und hatten gerade alle heile auf den Karrenweg gebracht, als eine kleine Gruppe von 10 Skaven über die Nachhut herfiel.

Doch Fin und Murty hatten bei unserem morgendlichen Erkundungsgang jeden Wildpfad registriert und in Windeseile wurden wir McQuay von den beiden in den Rücken der Skaven geführt. Ein ängstliches Pfiepen war das letzte, was die Rattenwesen der Welt zu sagen hatten, bevor unsere Klingen sie fällten!

Auch ich teilte ein paar Hiebe aus und landete einen Glückstreffer, als mein (von Fin geborgtes) Schwert eine der Kreaturen in der Mitte sauber zerteilte. Zum ersten Mal hatte ich ein Monster getötet! Nun war ich beinahe nicht mehr zu halten. Mehr! Noch mal! Ulgar erzählt immer nur davon, was für ein Krieger er sein wird, aber ich bin jetzt einer! Aber bevor ich mit meinen doch geringen Fähigkeiten in den sicheren Tod stürzen konnte, rief Fin mich zu sich.

Er war verwundet worden und ich hatte Garys Heiltränke bei mir. Schnell kramte ich einen raus und tatsächlich konnte ich beinahe sehen, wie sich die Wunden, die Fin an der Seite hatte, sich schlossen, nachdem er ihn heruntergestürzt hatte. (Dagegen sind meine Mischungen von Heiltränken wirkungslose Wässerchen!)

Schnell gab ich Fin auch noch Krafttrunk und die Steinhautsalbe, die Gary vorbereitet hatte. So gestärkt und verstärkt sprang er an die Spitze der Herde wie ein junger Bock und ordnete den Haufen zu einem- na ja, weniger desorientiertem- Haufen.

Wieder waren wir McQuay zur Vorhut erklärt und in Zweiergruppen sicherten wir den Weg zum Dorf. Ich lag mit Ian im Dunkeln am Wegesrand und wir konnten schon erkennen, das in einem kleinen Gehölz ca. 200 Schritt vor uns gebückte Gestalten umherhuschten. Die Skaven formierten sich dort wohl!

Aber schon war unser Zug bei unserem Posten und wir mussten versuchen, den vermuteten Hinterhalt zu überstehen. Es ging los, die Schildträger bildeten einen Wall um die Gruppe, nur wir gingen vorneweg und spähten angestrengt in die Dunkelheit. Der Rand des Gehölzes war erreicht, vor uns lag der Hohlweg.

Vorsichtig gingen wir vor. Das einzige Geräusch war der Wind in den Tannen (und das Geklapper der Hochgerüsteten...) und Nihmsi gab ihr fahles Licht uns zur Hilfe. Der Tross war nun auch im Hohlweg, langsam tasteten sie sich vor, ein leises Fluchen, als einer der Ritter über eine Wurzel stolperte. Eine kurze Unruhe in der Gruppe, der Schildwall öffnet sich ein wenig: Die Skaven brechen aus der Dunkelheit hervor.

Um uns herum wird ein vielstimmiges Pfeifen laut, Dutzende hatten verborgen im Wald gelegen und brachen nun wie eine Flutwelle über uns herein. Ich kämpfte Seite an Seite mit Chandra, die Rache nehmen wollte für den Überfall vom Nachmittag.

Wir schlugen eine kleine Schneise in die Reihen der Kreaturen, frag nicht Vater, wie viele ich in die Dunkelheit schickte, es war als würden neue Skaven direkt aus dem Boden wachsen, wenn man einen erledigt hatte.

Chandras Schwert hielt eine ertragreiche Ernte unter den Ratten, bis eine ungewöhnlich große Ratte mit einer Lanze aus den Schatten herangestürmt kam und sie damit verwundete und zu Boden warf. Den Skaven brachten Dougal und ich mit vereinten Kräften zur Strecke, aber Chandra war bewusstlos, eine schwere Wunde in ihrer Seite.

Um uns herum herrschte Verwirrung, die Skaven waren kurz zuvor im Wald verschwunden, wohl um sich neu zu formieren. Schnell schulterte Dougal Chandra (eine solche Kraft hatte ich ihm mit seinen dünnen Ärmchen und schlankem Wuchs gar nicht zugetraut!) und trug sie in Richtung Dorf. Fin, Aed, Murty und Ian hatten den Weg freigehackt und schirmten nun den eiligen Rückzug der Überlebenden auf den letzten 200 Schritt zum Dorf ab.

Ich half noch einem anderen Verwundeten ins Lager. Gary und Kenny kamen uns fluchend entgegengeeilt (sie waren wütend, den Kampf verpasst zu haben! Ich war froh, ihm entkommen zu sein!). Sofort kümmerte sich Gary um Chandra, die er -wie er später sagte-, von der Schwelle von Miilshbahr zurückgerissen hatte.

Währenddessen hielten die anderen McQuay die Skaven beinahe allein zurück: Fin mit seiner Stärke, Aed, der das Schwert mit ebensoviel Geschick wie den Kochlöffel schwang, Ian mit ungestümen Angriffen. Murty baute seinen Ruf als legendärer Kämpfer bei Freund und Feind aus, indem er mit arthrit...nein, artistischem (das ist das richtige Wort!) Geschick über die Reihen der Skaven hinwegsprang, Salti vollführend wie einst der Junker einen tödlichen Tanz in der Nacht tanzte!

So wurden die Skaven, wenn nicht getötet, dann doch vertrieben und die McQuay sammelten sich am Feuer. Nur geringe Verletzungen hatten wir davongetragen und selbst Chandra schlug dank Garys Kunst bald die Augen auf. Im Dorf herrschte aber allgemeines Wehklagen, der ein oder andere Ritter hatte ein Autogramm in seine Kehrseite eingeritzt bekommen auf seiner heldenhaften Flucht!

Nur langsam kehrte die Ruhe zurück. Kenny zog noch an der Spitze von ein paar Kriegen aus, um die letzten Skaven zu jagen, aber er kam bald zurück, die Ratten waren allesamt verschwunden.

Fin organisierte die Wachen, das Lager wurde in vier Teile geteilt, die McQuay sollten die Südseite übernehmen, die direkt an die wilden Lande grenzte. So musste auch ich in dieser Nacht auf Posten stehen. Das Leben eines Soldaten, muss ich gestehen, wäre nicht das meine (wie Mutter prophezeite), die Minuten wurden zu Stunden bis endlich Dougal an mich herantrat und mich ablöste.

Rechtschaffend müde fiel ich auf mein Lager, natürlich, wie alle anderen, komplett angezogen und das Schwert griffbereit.

Doch in der Nacht hatten die Skaven wohl genug Stahl zu schmecken bekommen und wir alle hatten einen ruhigen Schlaf.

Am Morgen lachte Gihbim wieder am Firmament und die Schrecken der Nacht waren für mich wie weggeblasen. Wir alle waren ein wenig ermüdet von den Kämpfen der letzten Nacht, aber am schwersten fiel es Fin, die Augen offen zu halten, immer wieder schlief er mit dem Krafttrunk im Arm ein, dass ihm nicht im Stehen die Augen zufielen, war schon alles.

Ich denke, dies lag daran, dass er schon so lange über die Wege der Mittellande wandelt und seine alten Knochen sich doch bemerkbar machen, auch wenn in einem Kampfe, in der Mitte des Gefechts Fin so jung wirkt wie in seinen Jahren als Hauptmann der herzoglichen Garde.

Doch in einer seiner Wachphasen rief er Ian und mich zu sich: "Ihr habt letzte Nacht noch mal gezeigt, dass McQuay Blut in euren Adern kreist, aber wir Verbannten haben einen Aufnahmeritus, den ihr erst noch bestehen müsst. Gefordert sind dabei Qualitäten, die ein Hadati auf der Wanderschaft benötigt. Fünf Prüfungen sind zu bestehen, zwei nun, eine im Laufe des Tages und zwei am Abend. (In der Mitte des Tages gibt es nur eine Aufgabe, damit Aed in Ruhe kochen kann)."

"Die erste Probe soll ein Test der Kraft sein."

Nun brachte Murty einen Baumstamm herbei, der ungefähr so groß war wie ich und mindesten genauso schwer! Diesen mussten Ian und ich nach der alten Sitte werfen. Ihr wisst, Herr Vater, ich liebte es diesem Sport zuzusehen, aber hatte es selbst fast nie versucht. Mir fiel beinahe das Herz aus dem Kilt, als ich schon Probleme hatte, den Stamm hochzuheben.

Ian und ich schlugen uns angefeuert von den Verbannten nicht schlecht. Dann zeigten uns die anderen wie es richtig ging, und wir wurden um ein oder zwei Schritt geschlagen. Trotzdem meinte Fin, wir hätten uns gut geschlagen und könnten zum nächsten Teil übergehen.

"Ein Test des Durchhaltevermögens, denn Ausdauer und Standfestigkeit sind immer wichtig!"

Nun wurden Hörner mit Krafttrunk herumgereicht, die wir dann schnell leeren sollten. Auch hier waren die "alten" McQuay unschlagbar, vor allem Thaogh schien ein unlöschbares Feuer in seinem Inneren zu haben, so schnell kippte er das kühle Getränk den Schlund runter.

Ich werde schnell erzählen, wie die anderen Prüfungen verliefen.

"Ein Beweis eurer Geschicklichkeit!"

Wir sollten den Helm von Dragan dem Schwätzer an uns nehmen und ihm dem unbehelmten Jens schenken. Das hörte sich zunächst einfach an, jedoch war dieser Dragan ein Ritter und sein Helm wohl einem Drachen geweiht und Jens war ein Skelett eines unglücklichen Diebes, mit dem die Stadtwache kurzen Prozess gemacht hatte, und der jetzt in einer Ecke des Lagers als warnendes Beispiel dienen sollte.

Weil er ein so froher Geselle war (schließlich grinste er dauernd), war er für die Dauer des Aufenthalts in den Grenzlanden zum Freund der McQuay erklärt worden. (Wie gesagt, manchmal haben die Verbannten einen etwas seltsamen Humor.)

Ian und ich nutzten recht bald die vorübergehende Abwesenheit Dragans aus, um uns den Helm zu sichern. Vorher hatten wir lange versucht eine etwaige magische Sicherung zu finden, entschieden uns aber nach langen hin und her dafür, es verdammt noch mal einfach zu versuchen! Schnell war der Helm unserer, Jens war vom Seil geholt, der Helm auf den Schädel (das Grinsen wurde breiter, ich bin mir sicher), und Jens wieder in die luftige Höhe.

Leider waren wir nicht besonders unauffällig, was später (zu Recht) bemängelt wurde, aber da Dragan bei allen Dorfbewohnern als Schwätzer bekannt war, dem ein Dämpfer gut tun würde, erhielten wir mehr Applaus als böse Blicke. Außerdem sucht Dragan wohl heute noch nach denen, die seinen wertvollen Helm Jens schenkten.

"Eine Probe eurer Schlagfertigkeit."

In der Tradition der Sittenaskese, der alle McQuay verpflichtet sind, sollten wir uns standesgemäß beleidigen und auf die Worte des anderen reagieren. Ian und ich hatten uns vorher ein wenig abgesprochen, was leider bemerkt wurde. So erhielten wir als gerechte Strafe ein paar Eimer Wasser über die Köpfe, als Abkühlung für unsere heißgelaufenen Hirne.

"Und zuletzt eine Probe eurer Pöterie, denn die Taten der Ahnen und eurer Verwandten müssen angemessen gepriesen werden!"

Ian und ich mussten weitere Strophen für die bekannte Ode der McQuay dichten, endlich eine Aufgabe, die wir zur Zufriedenheit der Verbannten erledigten.

Fin ergriff wieder das Wort, nachdem der letzte Ton verklungen war und die Tränen aus den Augenwinkeln gewischt waren: "Ian und Rian, ihr habt gesehen, was von einem McQuay verlangt wird. Ihr habt auch gesehen, dass ihr noch an Euch arbeiten müsst. Tut dies, aber tut es als Verbannte McQuay."

Und mit diesen Worten überreichte er uns die blauen Barrets, die uns als Clan Mitglieder ausweisen und Aed gab jedem von uns einen eigenen Löffel, so dass wir nicht mehr mit den Händen essen müssten. Das Barret habe ich seit diesem Abend am Lagerfeuer nicht mehr abgenommen und noch immer fühle ich mich als hätte dort ein neues Leben begonnen.

Wir waren erst jetzt wirklich Clanmitglieder und wurden nochmals von jedem im Kreis der McQuay begrüßt. Endlich!

Den ganzen Tag hatten wir darauf gewartet.

Die Zeit des Wartens war aber auch zumindest ein bisschen verkürzt worden. Zunächst waren die sichtbaren Zeichen von Chandras elfischer Herkunft verschwunden, sie hatte Gary gebeten, ihr die Spitzen von den Ohren zu trennen, damit sie menschlicher aussähe.

Obwohl er so etwas noch nie vorher gemacht hatte, ließ sich das Ergebnis sehen: das linke Ohr ist nur ein wenig kleiner als das rechte und dies steht nur ein bisschen ab. Aber Chandra scheint zufrieden zu sein, und mit dieser Frau diskutiert man nicht.

Dann wurden wir am Nachmittag zu einem sportlichen Wettkampf eingeladen. Ein Mannschaftsspiel mit Namen "Orkball". Die Stadtwache, wohl die Champions dieser Sportart in der Gegend, suchte einen würdigen Gegner. Bei den traurigen Gestalten im Lager fiel die Wahl schnell auf die McQuay.

Als die Regeln erklärt wurden, erinnerte es mich doch sehr an dass alte Rack-bi, das Ulgar und ich mit unseren Freunden mit der mit Wasser gefüllten Schafsblase gespielt hatten. Nur wurde hier mit einem Baumstamm anstelle der Blase gespielt und es gab herrlich wenig Regeln. Ich erbot mich also als Läufer hinter Fin, Aed, Murty und Ian zu spielen, was angenommen wurde.

Es ging vier gegen vier, so dass sich immer einer von uns ausruhen könnte. Die Mannschaft der Stadtwache hatte schon genügen Respekt vor uns, als sie nur die durchtrainierten Körper der anderen McQuay sahen, und dieser steigerte sich noch, nachdem wir sie traditionell begrüßt hatten.

Es war herrlich, mit dabei zu sein. Der Stamm wurde freigegeben und mit einem Kampfschrei liefen wir auf ihn zu, wobei sich unsere Gegner schon zur Flucht wandten und wir den Stamm in Windeseile in ihrem Punktraum platziert hatten.

Beim zweiten Anlauf boten sie uns Contra, doch Murty riss gleich drei von ihnen mit einem Hechtsprung um, wieder punkteten wir.

So ging es schnell weiter, und während wir mit unserer kleinen Gruppe nur einzeln wechseln konnten, trat die Stadtwache jedes Mal mit einem erholten Team an, da ihre Mannschaft aus zehn Recken bestand. Das half ihnen aber nicht.

In unseren Erholungsphasen gaben Gary und Kenny taktische Anweisungen und erfrischten unsere müden Körper.

Mit zehn zu zwei (geschenkten) Punkten gewannen die McQuay überzeugend und wurden damit Orkball-Champion der Grenzlande!

Nebenbei hatten wir als Trophäe ein Artefakt erhalten, dass die Magiekundigen angeblich für ein weiteres Ritual benötigten. Den ganzen Tag berieten sie sich, was zu tun sei, wie die Erkenntnisse über das Ork-Artefakt zu bewerten sein.

Nach dem Spiel kehrten wir müde zum Lagerfeuer zurück und warteten stumm und andächtig darauf das Aed die magischen Worte sprechen würde. Und endlich: "Essen ist fertig." Ein Hirsch hatte sich bereit erklärt, Gast bei unserem Siegesmahl zu sein und zusammen mit rotem Kraut und Trollknödeln war er gern gesehen!

Gesättigt nahmen wir dann eine weitere Huldigung für unseren Sieg entgegen, die Ordensritter der Helios-Lunianer, eine stimm- und kampfkräftige Truppe, hatten uns eingeladen. Bald saßen alle McQuay zusammen mit den Rittern an der Tafel und wir schmetterten im Wechsel unsere Weisen, die Hörner kreisten fröhlich im Takt dazu und fast könnte man meinen, wir hätten einen Blick auf Bihrgaadn erhascht.

Endlich fanden auch die Beratungen der Magiebegabten ein Ende und sie waren sich sicher, dass sie nichts wussten. Das war zu erwarten gewesen.

Sie wollten dennoch mit dem Artefakt, dass sie (auch durch unseren Orkball-Sieg) in Händen hielten, ein Ritual an einem alten Altar vollführen. Genaueres konnte ich nicht von Thaogh erfahren. Der Altar lag natürlich mitten im Feindesgebiet(, was allerdings in diesem Landstrich auch nichts ungewöhnliches war).

Also mussten wieder Vorbereitungen getroffen werden. Diese ewige Warterei machte mich langsam wütend. Was mir allerdings auch zeigte, dass ich mich verändert hatte. Mutter erzählt ja schließlich immer noch, dass ich früher oft stundenlang still in der Stube sitzen konnte, um Schriftzeichen zu üben. Aber hier hatte mich das Gefühl des Abenteuers gepackt, dass ich schnell wieder fühlen wollte! Außerdem war ich gerade ein vollwertiges Clanmitglied geworden!

Noch während wir ungeduldig auf den Aufbruch warteten, brachen plötzlich große Gruppen von Skaven über das Dorf herein! Sie griffen in größeren Gruppen die einzelnen Lager an, überall im Dorf waren kleine Scharmützel im Gange.

Über Stunden fanden wir keine Ruhe, immer wieder kamen Gruppen von Skaven und versuchten, uns zu überraschen. Schließlich mussten wir unsere Zelte schutzlos zurücklassen und uns hinter die Palisaden der Helios-Lunianer zurückziehen, so groß war die Zahl der Ratten, die aus der Dunkelheit auftauchten.

Es war in der Nacht fast nicht zu erkennen, ob man gegen Freund oder Feind vorging, um so schlimmer wurde es, als ein Platzregen einsetzte, dessen dünne Fäden wie ein Vorhang das Blickfeld begrenzten.

Auch den anderen Gruppen im Dorf musste es ähnlich ergehen. Aus der Dunkelheit drangen immer wieder Rufe an unsere Ohren, gemischt mit dem Klirren von Schwertern, nur übertönt von den gelegentlichen Schreien der Verletzten.

Auch im Lager der Lunianer war ein Feld- Tempel errichtet, in dem die Verwundeten versorgt wurden, und in dem langsam der Platz eng wurde.

Als der Regen etwas nachließ, konnten wir sehen, wie die Skaven im Lager gewütet hatten: Leichen lagen zwischen den Zelten, der Regen vermischte sich mit dem Blut der Gefallenen und rote Bäche rannen über die Strassen des Dorfes.

Und doch stand immer noch eine große Zahl Kämpfer bereit, dem Feind zu trotzen. Der ließ uns keine Ruhe, bald schwappte eine neue Angriffswelle über uns herein.

Fin führte uns zu einem Ausfall, mit dem wir die Skaven kurz zurücktreiben konnten, aber sie kamen in immer größerer Zahl aus dem Wald und über die Felder. Hin und her wankte das Schlachtenglück, doch das fehlende Können machten die Ratten mit ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit wett.

Bald war das Lager der Lunianer die letzte Insel in einem Meer von Skaven. Murty war angeschlagen und auch wir anderen waren fern von dem Höhepunkt unserer Leistungsfähigkeit.

Ich war mir sicher, dass ich den zu frühen Tod durch die Klauen der Skaven finden würde. Diese Übermacht könnten wir nicht besiegen. Selbst die McQuay hatten ihre Grenzen. Stumm verfluchte ich meinen Leichtsinn und wünschte mich zurück an mein Schreibpult in Crydee. Auch die anderen waren sehr still.

Fin beriet sich mit den letzten lebenden Führern.

Wir anderen bemannten derweil die Palisaden, um die Skaven wenigstens noch ein wenig zurück zu drängen, wenigstens sollten wir unsere Haut teuer verkaufen.

Nach einiger Zeit rief uns Fin zu sich. Die "Führer" waren in Streitigkeiten untereinander verstrickt, irgendein Eiself hatte dem Urgroßvater der Cousine eines Lunianers einen lahmen Esel verkauft oder so etwas.

Der Clanchef sprach uns aus den Herzen, als er meinte, dass, wenn wir nach Biihrgaden gehen müssten, wir in gerechtem Kampf auf freiem Feld den Weg beginnen sollten. Wir sammelten uns und brachen -für die Skaven überraschend- über die Palisade springend aus!

Wie der Blitz aus dem Himmel fuhren unsere Schwerter in ihre Reihen und schnell hatten wir uns den Weg aufs freie Feld freigehackt. Jedoch hatte es bei dem kurzen, aber heftigen Kampf Verwirrung unter uns gegeben und als wir uns sammelten, bemerkten wir, dass Aed, Murty und Dougal fehlten! Wie ich schon erwähnte, sind die Bande der Verbannten untereinander sehr eng und so waren alle besorgt.

Fin ging los, die verlorenen Schafe einzusammeln. Derweil musste Gary als Ältester die Führung übernehmen, was ihm gar nicht gefiel. Wir suchten Unterschlupf in einem kleinen Wäldchen, immer gespannt auf ein ungewöhnliches Geräusch, das Knacken eines Astes lauschend.

Kurze Zeit später hörten wir schnelle Schritte und -Gibhim sei Dank- Fin, Aed, Dougal und Murty traten zu uns.

Im Lager war indes erstaunlicherweise Ruhe eingekehrt. Die Skaven waren uns erst gefolgt, hatten sich dann aber blutige Schnauzen geholt (weshalb die anderen von uns getrennt wurden) und waren dann ängstlich piepsend von den Palisaden der Lunianer gewichen und hatten sich ins dunkle zurückgezogen.

Dennoch wollte Fin erst die Lage erkundigen. Wir schlichen uns an den Waldrand in der Nähe des Dorfes und Fin und Aed gingen vorsichtig zum Lager der Lunianer. Wir anderen saßen jetzt also halbwegs vom nicht nachlassenden Regen geschützt im Wald und warteten auf die Rückkehr unserer "Diplomaten".

Endlich kamen sie auch zurück, allerdings mit bedrückenden Nachrichten. Die Elfen und die Lunianer stritten noch immer darüber, ob der Esel links oder rechts gelahmt hätte und das der Großvater eh blind war und selber schuld....

Deshalb hatten Aed und Fin entschieden, die Zelte noch in der Nacht abzubrechen und dieses dem Untergang geweihtes Dorf zu verlassen. Ihr könnt mir glauben, die Entscheidung fiel ihm sichtlich schwer, jedoch war die Zahl der Feinde einfach zu groß, das Lager der Abenteurer zu zerstritten.

Schweren Herzens packten wir also unsere Habseligkeiten zusammen und schoben die Karren auf den Weg, nachdem wir unsere Fahne wieder vom Wachturm geholt hatten. Jetzt wehte sie nicht mehr stolz im Wind, sondern hing traurig, völlig durchnässt und irgendwie mutlos.

Wir machten einige Meilen in Richtung Zivilisation in der Nacht. Zwei Tage später kamen wir in ein kleines Dorf, wo wir Neuigkeiten hören mussten, die uns offensichtlich überholt hatten.

Das Dorf war von über tausend Rattenmenschen dem Erdboden gleichgemacht worden, alle Abenteurer waren tot oder geflohen, die Dorfbewohner hatten sich gerettet, einzig der Wirt und Bürgermeister war auf grausame Art von den Skaven getötet worden, als er versuchte ihnen ihr Land zu verkaufen. (Ich hatte ihn eh unsympathisch gefunden, auch wenn ich niemandem einen solchen Tod wünsche.)

Fin's Gesicht verfinsterte sich noch mal, als er das hörte, aber im Grunde hatten wir das Richtige getan.

Nun liebe Eltern, ich bin mit meiner Erzählung aus dem Grenzland und meinen Abenteuern dort am Ende angelangt. Ich habe alles wichtige und mehr erzählt.

Vielleicht versteht ihr jetzt besser, warum ich ins Abenteuer gezogen bin. Gefunden habe ich es zu genüge, aber auch den Geschmack daran, und ich brenne darauf zu sehen, in welch seltsame Gegenden der Weg der Verbannten noch führen wird.

Ich werde hier hoffentlich zu dem Mann, der ihr einmal gewesen sein müsst Vater, und ich wäre stolz, Eure Fußstapfen auch nur ein wenig ausfüllen zu können. Sorgt Euch nicht um mich! Wie ihr gehört habt, habe ich fast so etwas wie eine neue Familie gefunden!

Grüßt auch Ulgar von mir, er soll einen Humpen auf mein Wohl leeren, ich habe es für ihn schon getan.

Euer Laghisrian

P.S.: Ich hoffe, es geht Minty gut.



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