Anfang

Der Anführer der kleinen Gruppe dessen Erlebnisse ich hier erzählen will ist Finley McQuay. Es gibt in Crydee keinen Mann und keine Frau, seien sie jung oder alt, die noch nicht von diesem tapferen Recken gehört haben. Er brachte den Ruf der Hadati als furchtlose Krieger bis weit über die Grenzen des Herzogtums hinaus. Unzählige Geschichten ranken sich um ihn und die Schlachten in denen er kämpfte. Er stammt in direkter Linie von dem legendären Domhnall McQuay ab, dem Anführer der kleinen Schar Hadati die hier einst anlandete, von dem man unter anderem berichtet er habe alleine mit seiner Axt eine ganze Nacht lang unzählige Warge abgewehrt um seinen verwundeten Bruder Ruairidh zu schützen.

Finleys Tatendrang trieb ihn früh in die Armee des Herzogs. Sein Einfallsreichtum, seine Kampfkraft und nie enden wollender Einsatzwille ließen die Herrschenden aufmerksam werden. So wurde Finley immer und immer wieder gefordert, nur um noch mehr Ruhm zu erlangen. Er brachte es schliesslich in den Range eines Hauptmannes der königlichen Armee. Wenn ihr mehr über seine Vergangenheit wissen wollt, so fragt einen Barden nach der Schlacht der zehn Heerführer, der Belagerung der Trollhöhen und den Schluchten der Zwillingsberge.

Finley McQuay ist ein zäher Krieger dem die Zeit jedes Lebensjahr mühsam abringen muß. Durch jahrelange Dienste, unzählige Schlachten und blutigen Scharmützel hat er es weit in der Armee des Königreichs gebracht. Nach dem Gemetzel in den Schluchten der Zwillingsberge 95 a.H. war er des Kämpfens überdrüssig geworden. Ein glücklicher Umstand in der Schlacht ließ ihn damals das Leben des Herzogs Borric retten. Als Dank bot jener ihm den Posten des Hauptmanns der Wache von Crydee an. So konnte Finley weiterhin in den folgenden Jahren seine Erfahrungen und Fähigkeiten in den Dienst des Herzogs stellen und erhielt gleichzeitig die Möglichkeit wieder sein inneres Gleichgewicht zu finden.

Finley hat noch zwei Brüder: Garaidh und Kenneth McQuay. Als nun seine Eltern in dem strengen Winter 97 a.H. von der blauen Keuche dahingerafft werden, übernimmt er die Verantwortung für seine beiden jüngeren Brüder und holt sie in die Burg. Er gibt den beiden Arbeit nach ihren Fähigkeiten: Garaidh wird Stallbursche und Kenneth Knecht. Seine guten Absichten sollten nicht belohnt werden. Rasch erlangt das Bruderpaar in Crydee eine Berühmtheit die der ihres grossen Bruders in nichts nachsteht ausser dem vorbildlichen Inhalt. In der Tat haben Gary und Kenny nur Flausen im Kopf, meist auf Kosten des Adels und meist wegen Frauen. Wiederholt musste ich den jungen Garaidh ob seiner Wunden behandeln die ihm aufgebrachte Väter, betrogene Spieler oder bestohlene Edelmänner beigefügt haben. Erstaunlicherweise kam der jüngere Kenneth meist mit dem Schrecken davon. Unser gestandener Kämpe Finley stand vor einer Herausforderung wie er noch keine erlebt hatte. Die handfeste Erziehung des Bruderpaars schien ebenso fruchtlos wie seine Versuche den entstandenen Schaden in Ordnung zu bringen.

Doch Finley konnte nicht ahnen das die Götter keinesfalls vorhatten ihm einen ruhigen Lebensabend zu gönnen. Es ward beschlossen ihm noch vielen Prüfungen zu unterwerfen bevor er zu seinen Ahnen aufsteigen durfte. Und der Schlüssel hierzu waren seine beiden Brüder. Trunken von den Reizen des Abenteuers und den noch größeren Reizen der gar himmlischen Schönheiten Carline und Gormelia stellten sie eben jenen nach.

Hier sollte der unwissende Leser erfahren das es sich hierbei nicht nur um anmutige und überaus verführerische Wesen weiblichen Geschlechts handelt von denen Gormelia Augen hat so grün wie das Gras in der von Elfen gewirkten Gowan-Schlucht und Haare so rot wie die Rubine aus den sagenumwobenen Drachenminen in den Ostbergen und Carline Augen von einem Blau und einer Tiefe als wäre die Essenz des Himmels selbst darin und Haaren von einem Gold als hätte sich das Licht der Sterne in ihnen niedergelassen, nein, diese beiden hinreissenden Geschöpfe sind die Zwillingstöchter unseres gütigen und gerechten Herzogs Borric ConDoin. Die Schönheit der beiden ist weithin im Herzogtum bekannt und man nennt sie die wahren Schätze des Herzogs. Es ist also leicht nachzuvollziehen das der Herzog seine beiden Töchter wohl behütet auf das ihnen nichts zustoße. Er hat sogar bei Todesstrafe verboten das sich anderes gemeine Volk ihnen nähere als ihre Zofen. Und selbst unter dem Adel sind es lediglich wenige Vertraute des Herzogs die sich ohne Aufsicht den Töchtern nähern dürfen.

Soviel Risiko, soviel Verbote, soviel Gefahr - wie konnten unseren jungen McQuays da widerstehen? Durch ihre vielen Streifzüge war ihnen die Burg sehr geläufig. Kenneth' Talent im Umgang mit Schlössern und sein Gespür für Gefahr konnte sie unbehelligt bis ans Allerheiligste bringen. Ja, es gelang den beiden bis in die Schlafgemächer der Zwillingstöchter vorzudringen. Am nächsten Morgen, noch vor dem ersten Hahneschrei, verbreitet sich wie ein Lauffeuer das schier unglaubliche Gerücht in der ganzen Stadt: zwei junge Männer seien in den Gemächern der Töchter des Herzogs erwischt worden! Es war das wichtigste Gesprächsthema und legte nahezu die ganze Stadt still. Ob die beiden Verrückten an ihr Ziel gelangten weiß ich allerdings nicht zu berichten da mir die Gabe der Hellsicht fehlt. Ich werde lediglich hinzufügen das weder Kenneth noch Garaidh in den darauf folgenden Tagen des Prozesses und der Ungewissheit um ihr eigenes Leben auch nur ein einziges Mal das Strahlen aus dem Gesicht wich. Dem sicher geglaubten Strick entgingen die beiden jungen Männer nur sehr knapp dank eines plötzlichen und unerwarteten Meinungsumschwungs des überaus erbosten Herzogs. Es geht das Gerücht um das der große Bruder Finley so ziemlich jeden Gefallen der ihm der Adel schuldete in die Waagschale geworfen hat um sein eigen Fleisch und Blut zu retten. Also sahen sich die beiden einer Strafe gegenüber die manch anderer als schlimmer als den Strang werten würde: der Verbannung. Nie wieder sollten sie die Ländereien von Crydee betreten dürfen. Als heimatlose Streuner und vogelfreie der Truppen von Crydee dürften sie nun in eine ungewisse Zukunft ziehen.

Die beiden jungen McQuays hingegen sahen hierhin keinerlei Bestrafung, stand ihnen doch die ganze Welt offen und harrten ihrer viele neue Abenteuer. Umso mehr frohlockten sie als ihr großer Bruder Finley mit ihnen ging. Jener sah sich schweren Herzens genötigt zu entscheiden zwischen seiner Loyalität zu seinem Herrn und seiner Verantwortung für seine Familie. Er rechnete sich für die beiden unerfahrenen Lausbuben keinerlei Überlebenschance ohne seine schützende Hand aus. Also zog er mit ihnen los und kehrte seinem Land und seinem ruhigen Leben den Rücken. Er sollte diese Entscheidung noch unzählige Male verfluchen, vor allem dann, wenn wieder einer der beiden alle in Schwierigkeiten gebracht hatte.

Zur Freude der drei Brüder gesellte sich ein weiteres Mitglied ihres Clans zu ihnen: ihr Vetter Aodhagan.

Aodhagan McQuay war einst Koch am Hofe von Carse. Er ist berühmt für seine Künste. Aus den einfachsten Mitteln weiß er vorzüglichste Speisen zu zaubern. Mit den Möglichkeiten einer Hofküche vollbringt er wahre Wundertaten. Viele Vertreter des Adels pflegten ihre Beziehungen zum Hof von Carse nur deshalb so gut, um ein weiteres Mahl serviert zu bekommen das von Aodhagan zubereitet wurde. Doch es scheint als beherrsche dieser Hadati noch andere Künste. Nach einer Meinungsverschiedenheit bezüglich der Güte seiner Speisen gab es einen kulinarischen Unfall, eine sehr unbekömmliche Art des Würzens die seinem Herrn das Leben kostete. Dessen Sohn und Nachfolger erklärte des Koch für Vogelfrei so das jener veranlaßt wurde rasch unterzutauchen. Der enge Zusammenhalt des Clans der McQuay ermöglichte es ihm danach in der Hafenstadt Crydee Unterschlupf zu finden. Dort konnte er allerdings seine großartigen Fähigkeiten nur noch in einer armseligen Absteige ausüben, umgeben von gemeinem Volk das in keinster Weise zu würdigen wußte wozu er fähig war. Als seine Vettern in die Verbannung geschickt werden hält auch ihn nichts mehr dort und so schließt er sich ihnen an.

Kaum drei Tagesreisen von Crydee überquerten die vier Hadati die Landesgrenze in Richtung Osten in unbekanntes Gebiet vorstoßend. Dort gesellte sich ein weiterer Verwandter zu ihnen: Muireadhach.

Über ihn ist nur wenig bekannt. Er soll in jungen Jahren von Seeleuten entführt worden sie. Er sei auf See zum Manne gereift. Er habe dort allerlei zweifelhafte Fertigkeiten erlernt die sehr wenig mit Rechtschaffenheit und Gesetz und viel mit Reichtum und Tod zu tun haben. Zu dem Zeitpunkt der Verbannung der beiden jungen Brüder Kenneth und Garaidh gelang ihm die Flucht aus seinem derzeitigen Aufenthaltsort, einem Kerker der ihm zur längeren Bewohnung zugewiesen worden war. Er folgte seinen Verwandten bis zur Grenze und entschloß sich dann sich ihnen anzuschließen um die Erfahrung eines Kerkeraufenthaltes nicht wiederholen zu müßen - zumindest nicht in Crydee.

Auf ihrer Wanderschaft durch einen schier endlosen Wald, genannt das Grüne Herz, gesellt sich ein stiller Geselle zu ihnen. Sein Geschick im Umgang mit dem Bogen, sein Talent beim Bearbeiten von Leder und sein Können als Waldläufer erleichtern seine rasche Aufnahme in die Gruppe. Martin Langbogen, häufig auch Dougal genannt, scheint aus eigenem Antrieb heraus den Kontinent zu erkunden und hat sich, wohlwissend um den Schutz der großen Zahl, dieser Gruppe angeschlossen.

Zacharias, genannt Der Kenderheiler



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